Dortmund. Der Ex-Schalker Malick Thiaw steht mit dem AC Mailand vor dem persönlichen Derby gegen den BVB. Milan ist “der BVB von vor ein paar Jahren“.

Für Malick Thiaw wird es ein besonderer Moment sein, wenn er am Mittwochabend in das Dortmunder Westfalenstadion einlaufen wird. Zwar kommt er als Verteidiger des italienischen Spitzenklubs AC Milan zum Champions-League-Spiel (21 Uhr/DAZN), doch für ihn persönlich steckt ein bisschen Derby in der Begegnung, spielte der 22-Jährige doch sieben Jahre für Schalke 04. „Natürlich sind die Spiele gegen Dortmund für mich besonders“, sagte er kürzlich dem Kicker. Worauf er sich gefasst machen muss, wird ihm sein Mitspieler Christian Pulisic erzählt haben. Zwar spielte Thiaw ein Derby beim BVB – allerdings in der Coronaphase, als nur 300 Zuschauer zugelassen waren. Am Mittwoch werden 81.000 Fans zugegen sein.

Pulisic kennt dieses Gefühl, ließ sich einst selbst in Schwarz-Gelb feiern. Nun kommt er als Gegner zurück in seine alte sportliche Heimat und könnte zum Dortmunder Party-Crasher werden. Der US-Amerikaner startete nach seinem Wechsel im Sommer vom FC Chelsea in die norditalienische Metropole nämlich richtig durch, etablierte sich direkt als Stammspieler und überzeugt mit schon vier Torbeteiligungen in der laufenden Serie-A-Saison. „Er ist richtig eingeschlagen“, sagt Kai Tippmann. Der Italien-Experte, der in Mailand lebt, als Autor für mehrere deutsche Medien schreibt und sich vor allem mit den Fans in Italien beschäftigt. „Bei ihm hat man das Gefühl, dass er schon ewig hier spielt, so gut harmoniert er mit seinen Mitspielern.“

Enthusiasmus beim AC Mailand vor Duell mit BVB greifbar

Dabei ist das Gegenteil der Fall – wie bei einem Großteil der gesamten Mannschaft. Milan erlebte einen Umbruch im Sommer, verpflichtete gleich zehn Spieler. Viele von ihnen stehen unter Trainer Stefano Pioli in der Anfangsformation und begeistern die Fans. „Das ist eine Bande junger, talentierter Spieler, die eine Menge Spaß verbreiten“, sagt Tippmann. Nur fünf Akteure sind älter als 30 Jahre, zwei davon sind Torhüter. Milan hat unter dem neuen Eigentümer Gerry Cardinale aus den USA wieder eine Strategie, die ihnen in den gut zehn Jahren vor der Coronazeit abhandengekommen schien. Leidtragender des Aufbruchs war Vereinslegende Paolo Maldini, der im Sommer als Technischer Direktor und Verantwortlicher für die Kaderplanung gehen musste. Zudem wurde mit Sandro Tonali der Spieler für 64 Millionen Euro an Newcastle United verkauft, der das Gesicht des Vereins für die kommenden Jahre hätte werden können. In der Fanszene sorgte das für mächtig Wirbel – doch inzwischen sind die Wogen geglättet. Der eingeschlagene Weg scheint zu funktionieren, das junge Team spielt begeisternden Fußball.

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„Der Enthusiasmus in Mailand ist greifbar“, sagt Tippmann. 40.000 Dauerkarten für das legendäre Giuseppe-Meazza-Stadion waren schnell vergriffen, die Spiele sind so gut besucht wie lange nicht mehr. Die große AC, immerhin dreimal Champions-League-Sieger und 19-maliger italienischer Meister, ist derzeit Zweiter in der Liga, und auch in der Champions-League-Gruppe mit dem BVB rechnet man sich nach dem Halbfinal-Einzug der Vorsaison viel aus. Und gerade mit den Dortmundern ist ein Klub der nächste Gegner, der als Vorbild der Rossoneri gelten könnte. „Milan ist wie der BVB von vor ein paar Jahren“, sagt Tippmann. Technisch starke Spieler, die mit Laufstärke den Gegner erdrücken und das Feuer entfachen können.

Alle BVB-Augen auf Milan-Star Leao

Allen voran der Portugiese Rafael Leao verkörpert diese Eigenschaften. Er ist der größte Star der Mailänder. In der Serie A kommt ihm aufgrund seines Tempos mit und ohne Ball kaum jemand hinterher. Der BVB muss diese Tempoläufe unterbinden. Gelingt das nicht, muss sich Torhüter Gregor Kobel auf eine Menge Arbeit einstellen, zumal sich mit seinem Schweizer Landsmann Noah Okafor und dem Franzosen Olivier Giroud beide AC-Mittelstürmer gerade in Topform befinden.

Aber auch für die Dortmunder Offensive, die ohnehin derzeit nicht glänzt, wird es schwierig, Akzente zu setzen. Das liegt allen voran am Ex-Schalker Thiaw. „Unsere Mannschaft liebt es zu verteidigen. Die Fans feiern Abwehraktionen wie Tore“, sagte er. Aufgrund seiner Defensivleistungen ist er inzwischen zum Helden der Fans avanciert, mit der er am Mittwoch nur zu gern im Dortmunder Stadion seinen persönlichen Derbysieg feiern möchte.