Doha. Einen Tag nach dem WM-Aus meldete sich Portugals Cristiano Ronaldo noch zu Wort. Der Frust in der Heimat gilt vor allem dem Trainer.

Als es vorbei war, schlugen viele portugiesische Spieler die Hände über dem Kopf zusammen. Sie wussten ja, was sie für eine Chance verpasst hatten. Nach einem fulminanten 6:1 im Achtelfinale gegen die Schweiz – sollten sie sich da nicht zu allem in der Lage fühlen? Die Portugiesen wirkten ungläubig nach diesem Ausscheiden gegen Marokko, wie Opfer eines für unmöglich gehaltenen Schicksals.

Einer schlug allerdings nicht nur die Hände über dem Kopf zusammen – einer weinte, geradeheraus und untröstlich. Für Cristiano Ronaldo endete viel mehr als eine beliebige WM. Anders als für fast den ganzen Rest des hochveranlagten Teams wird die Chance für ihn nicht noch einmal wiederkommen, wie er nach langem Schweigen am Sonntagnachmittag bestätigte. „Für Portugal eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, war der größte und ehrgeizigste Traum meiner Karriere“, erklärte er. „Ich habe hart für diesen Traum gekämpft. Leider ist er gestern zu Ende gegangen.“

Ronaldo auch gegen Marokko zunächst auf der Bank

Quasi offiziell hatte seinen WM-Abschied zuvor nur die Fifa gemacht, die kurz nach Spielschluss ein Video mit seinen besten Szenen und dem Titel „Obrigado CR7“ verschickte, „Danke CR7“. Eine Geste, um einen der Größten der Fußballgeschichte nicht anonym verschwinden zu sehen, wie den Ersatzspieler, der er in Katar zuletzt nur noch war. Auch gegen Marokko saß Ronaldo nämlich wie schon gegen die Schweiz anfangs auf der Bank. Und wenn es auch sonst keinen Trost geben konnte an diesem dunklen Abgang aus einem katarischen Stadion im Nirgendwo zwischen Autobahnen am Stadtrand von Doha, dann zumindest den einen, dass Portugal ohne ihn (bis zur 51. Minute) eben auch nicht besser war als mit ihm (ab der 51. Minute).

Ohnehin luden die Fans zu Hause ihren ganzen Frust auf Trainer Fernando Santos ab. Auch wenn die Auswahl bei dieser WM offensivfreudiger auftrat als in den letzten Jahren, sind die Portugiesen dem 68-jährigen EM-Sieger von 2016 überdrüssig. Haushohe Mehrheiten fordern in Umfragen seine Entlassung. Auch der Umgang mit dem Superstar wurde dabei an mancher Stelle kritisiert. „Mit Ronaldo auf der Bank kann man nicht Weltmeister werden“, sagte Legende Luís Figo. Santos selbst erklärte allerdings, seinen Verzicht auf Ronaldo „nicht zu bereuen“. Sein Vertrag läuft noch bis 2024. Bei der EM in Deutschland wollte eigentlich auch Ronaldo noch spielen.

Portugals Fernandes ärgert sich über den Schiedsrichter

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Einen anderen Schuldigen präsentierte derweil Regisseur Bruno Fernandes: „Das war ein klarer Elfmeter an mir“, sagte er über einen Zweikampf kurz vor der Pause. Der 39-jährige Abwehrchef Pepe vermutete gar einen Komplott hinter der Ansetzung, den Argentinier Facundo Tello pfeifen zu lassen. „Inakzeptabel“ sei das, so Pepe, wohl in Anspielung auf die ewige Rivalität zwischen Ronaldo und Lionel Messi. „Nach dem, was ich heute gesehen habe, können sie den Pokal gleich den Argentiniern geben.“

Dann musste Pepe ins Krankenhaus, wo ihm ein Bruch am linken Arm diagnostiziert wurde. Für den Verteidiger, hart gegen andere wie gegen sich selbst, war es ebenfalls die letzte WM-Partie seiner Karriere. Immerhin weiß er, dass es nun zu seinem Verein FC Porto zurückgeht. Sein alter Weggefährte Ronaldo dagegen ist ohne Klub und steht vor schwierigen Entscheidungen. „Viel mehr gibt es jetzt nicht zu sagen“, verabschiedete er sich gestern auf Instagram. „Ich hoffe, die Zeit wird ein guter Ratgeber sein.“ Er meinte das für alle Analysen des WM-Scheiterns. Aber es gilt vor allem für ihn selbst.