Sinsheim.. Joachim Löw hat sich hohe Ziele gesetzt. Der Bundestrainer will die spanische Dominanz brechen und den deutschen Fußball zur Nummer eins in Europa machen. Deshalb verschärft der Schwabe die Gangart.

Die Dominanz des spanischen Fußballs ist ein Fakt, auch für Joachim Löw. Der Leckerbissen, den der FC Barcelona bei seinem Champions-League-Triumph gegen Manchester United der Fachwelt servierte, dürfte dem Bundestrainer und seinen Mannen noch mehr Appetit auf eine europäische Revolution gemacht haben.

„Spanien ist das Maß aller Dinge, nach wie vor. Nicht nur in der Nationalmannschaft, auch im Vereinsfußball“, sagte Löw in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung, blies aber gleichzeitig zur Attacke: „Wir wollen irgendwann auch sportlich die Nummer eins ins Europa sein.“

Seinen Mut zur Offensive begründete Löw mit einer veränderten Einstellung. „Meine Ansprüche sind extrem gestiegen, ich hänge die Messlatte viel höher als früher“, sagte der Schwabe im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Löw räumte einen Tag vor dem Länderspiel gegen Uruguay in Sinsheim ein, dass sein verschärftes Auswahlverfahren für einige Akteure durchaus problematisch sein könnte. „Das ist für meine Spieler nicht immer einfach. Ich weiß jetzt, wie gut man sein muss. Diesen Anspruch werden nicht alle unsere jungen Spieler erfüllen“, sagte Löw.

Auf dem Alten Kontinent sieht Löw den deutschen Vereinsfußball hinter Spanien und England weiter auf Position drei. Mit dieser Einschätzung war Löw in der Liga bereits auf wenig Gegenliebe gestoßen. Darüber habe er mit DFL-Chef Christian Seifert gesprochen und diesem beteuert, „dass wir nicht aufhören werden, darüber nachzudenken, was wir noch verbessern können.“

Hoffnung mache Löw in diesem Zusammenhang der neue deutsche Meister. „Ich glaube schon, dass Borussia Dortmund im nächsten Jahr international einen Schritt weiter ist“, sagte Löw. Bayern und Dortmund mit seiner jungen Mannschaft seien in der Lage, noch ein Stück an englische und spanische Vereine heranzukommen.

Löw nahm dabei die jungen Dortmunder Hoffnungsträger wie Mats Hummels, Sven Bender, Marc Schmelzer und Mario Götze in die Pflicht und forderte weitere Steigerungen. „Bisher waren sie ja nur bei drei, vier Länderspielen dabei. Mit dem BVB spielen sie außerdem in der Champions League, da werden sich einige Spieler auch weiterentwickeln. Den Beweis aber muss jeder Einzelne bei einem Turnier antreten“, ergänzte Löw und verwies auf prominente Vorgänger, die diesen Weg gegangen sind: „Das mussten Özil, Müller, Khedira, Boateng und Badstuber auch.“

Den nachrückenden Stars will Löw aber die nötige Zeit geben: „Man kann nicht erwarten, dass junge Spieler in der Nationalmannschaft gleich eine prägende Rolle übernehmen, das ist die Ausnahme. Özil war so ein Spieler, dem das schon nach zwei, drei Länderspielen gelungen ist.“

Löws harte Linie hat Marcell Jansen bereits zu spüren bekommen, der öfter mit Verletzungen zu kämpfen hat. „Ich habe ihm gesagt: Du musst jetzt im Sommer ganz konsequent was für deine Fitness tun und dann eine Saison in Hamburg professionell durchziehen - oder wir müssen auf dich verzichten“, sagte Löw. Jansen hat die Botschaft offenbar verstanden. Löw: „Mittlerweile ist klar, dass er demnächst mit unserem Fitnesscoach Shad Forsythe intensiv arbeiten wird.“ (sid)