Doha. Marokkos Yassine Bounou, genannt Bono, ist bei dieser WM noch ohne Gegentreffer. Am Mittwoch ist er gegen Frankreich gefordert.
Womöglich hat man am Samstag im Al-Thumama-Stadion den Torwart der Zukunft gesehen. Er trug ein schwarz-weißes Karohemd und hört auf den Familiennamen Bounou. Allerdings handelte es nicht um Yassine, den Stammtorwart Marokkos, das gerade durch einen Sieg über Portugal sein erstes WM-Halbfinale erreicht hatte. Sondern um seinen zweijährigen Sohn Isaac. Irgendwann nach dem Schlusspfiff stand der Kleine plötzlich auf dem WM-Rasen, hatte die riesigen Handschuhe des Vaters an und parierte dessen Kullerbälle.
Yassine Bounou, genannt: Bono, lächelte dazu, er ist die Gegenwart. Der markanteste Torwart der WM bisher, ohne Gegentreffer durch andere Mannschaften (nur ein Eigentor gegen Kanada), mit einem gewonnenen Elfmeterschießen gegen Spanien – dem Land, in dem er beim FC Sevilla spielt – und mit dieser mönchsgleichen Ruhe, die ihn scheinbar anstrengungslos jede Gefahr entschärfen lässt. „Wenn du Teil der Geschichte bist. verstehst du nicht so schnell, was eigentlich passiert“, sagt Bono mit seinem sanften Blick und der noch sanfteren Stimme.
Emotionales Halbfinale gegen Frankreich
Nach beiden K.o.-Spielen wurde Bono, 31, zum Man of the Match ausgezeichnet. Während er vor dem emotionalen Halbfinale am Mittwoch (20 Uhr/ZDF und Magenta TV) gegen Frankreich sagt, „ich weiß nicht, wo die Grenzen dieser Mannschaft sind“, fragen sich immer mehr Experten, wo denn eigentlich seine sind. Gegen Belgien in der Gruppe, okay, da spielte die Gesundheit nicht mit, er stand im Aufstellungsbogen und sogar zur Nationalhymne aufgereiht, verzichtete dann aber spontan wegen Hüftschmerzen. Auch das passte irgendwie zu seiner mystischen Ausstrahlung. Bono kommt, geht, erscheint.
Wie 13 weitere WM-Teamkollegen ist er in der Diaspora geboren, aber weiter weg als jeder andere: in Montreal, Kanada. Schon als er sieben war, zogen die Eltern wieder nach Marokko. In Casablanca trat er dem Spitzenklub Wydad bei, mit 21 hatte er sich hinreichend hervorgehoben, um von Atlético Madrid verpflichtet zu werden. Doch Bono musste sich immer erst mal hinten anstellen. Bei Atlético spielte er zwei Jahre in der zweiten Mannschaft, es folgten Engagements bei den Zweitligisten Saragossa und Girona, wobei dort immerhin der Aufstieg gelang. Konstante dabei: Nirgendwo begann Bono als Stammtorwart, überall war er es am Ende.
So lief es dann auch in Sevilla, das ihn 2019 verpflichtete. Schon ein Jahr später gehörte er zu den Schlüsselfiguren beim Europa-League-Triumph in Köln.