London..


Mit einem strahlenden Lächeln betrat Sabine Lisicki in ihrem geliebten All England Lawn Tennis Club den engen Interviewraum Nummer vier. „Sehr gut“ gehe es ihr, stellte die 24-Jährige schnell klar. Die Frage nach ihrem Wohlbefinden wirkte beinahe überflüssig. Kurz vor dem Beginn des Rasenklassikers in Wimbledon präsentierte sich die Vorjahresfinalistin entspannt. Das Lächeln wollte gar nicht aus ihrem Gesicht verschwinden. Die Rückkehr zu ihrem Lieblings-Grand-Slam im Südwesten Londons schien die Berlinerin die Sorgen der vergangenen Monate vergessen zu lassen.

Ein verlorenes Jahr

Lisicki ist zurück an dem Ort, an dem sie sich so wohlfühlt. Und mit dem sie die wunderbaren Gedanken an ihr ganz persönliches Sommermärchen 2013 verbindet, das sie als erste Deutsche seit Steffi Graf bis ins Endspiel des bedeutendsten Turniers der Welt führte. Für Lisicki folgte ein verlorenes Jahr mit Trainerwechseln, Verletzungen und sportlichem Absturz. Lange wirkte das Wimbledon-Wunder weit weg. Nun sind die Erinnerungen wieder da. „Ich hatte hier zwei fantastische Wochen, auch wenn ich die Kirsche auf der Torte nicht bekommen habe“, sagte sie.

Auftaktspiel erst am Dienstag

Wenn sich an diesem Montag die ersten der insgesamt 15 deutschen Tennisprofis auf den altehrwürdigen Plätzen an der Church Road in ihren Auftaktspielen beweisen müssen, darf Lisicki noch einmal die besondere Atmosphäre ohne Druck genießen. Erst am Dienstag gebührt ihr die Ehre, anstelle der zurückgetretenen Titelverteidigerin Marion Bartoli den zweiten Turniertag auf dem Centre Court zu eröffnen.

Ihre erste Gegnerin, die Israelin Julia Glushko, habe sie noch nie spielen sehen, bekannte sie. „Ich werde bestimmt aufgeregt sein.“ In London gehört die große Bühne sogleich ihr. Aus deutscher Sicht steht die Nummer 19 der Weltrangliste erst einmal im Fokus. Dabei war es die frühere Wimbledon-Halbfinalistin Angelique Kerber, die sich mit dem Finaleinzug von Eastbourne optimal auf das dritte Grand-Slam-Turnier einstimmte. Und dabei versucht Andrea Petkovic ihren Vorstoß unter die besten Vier der French Open auf dem wenig geliebten grünen Spielbelag fortzusetzen.

Lisickis Form wirft Fragen auf. Auch Bundestrainerin Barbara Rittner weiß nicht, wo Lisicki steht. Es gleiche einer „Wundertüte“, meinte Rittner. Ein Sturz auf das Handgelenk in der zweiten Runde der French Open zwang Lisicki zu einer zehntägigen Pause. Ohne ein Match auf Rasen reiste sie nach Wimbledon. Ob das etwas ausmacht? „Das wird man sehen“, antwortete Lisicki.

Im September waren sie und der belgische Coach Wim Fissette wegen „unterschiedlicher Konzepte“ auseinandergegangen. Kurz vor Wimbledon trennte sich die Fed-Cup-Spielerin von der Schweizerin Martina Hingis und wird nun wieder von ihrem Vater betreut.

Drei Siege nacheinander gelangen Lisicki seit Wimbledon nur beim Halbfinaleinzug im Oktober 2013 in Luxemburg. „Ich glaube, dass Sabine und ihr Umfeld die Konsequenzen unterschätzt haben, die ein gesteigertes allgemeines Interesse mit sich bringen“, erklärte der frühere Wimbledonsieger Michael Stich im „Tennismagazin“.