Warum Löw bisher so wenig Spieler wie nie eingesetzt hat
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Évian-les-Bains. Bundestrainer Joachim Löw hat sieben von 23 Spielern noch keine Sekunde eingesetzt. Was wird noch aus Deutschlands Spezialkräften im Wartestand?
Im Lager der deutschen Nationalmannschaft durften insgesamt sieben Spieler trainieren wie die Teufel, bisher aber noch keine Sekunde das Geprobte im Ernstfall anwenden: Die Ersatztorhüter Bernd Leno und Marc-André ter Stegen wenig überraschend. Dass auch der nachnominierte Jonathan Tah noch nicht zum Einsatz kam, genauso wenig wie Ersatz-Außenverteidiger Emre Can und der immer fröhliche Lukas Podolski, verblüffte auch niemanden.
Thomas Tuchels Mittelfeld-Passmaschine Julian Weigl hätten dagegen einige Experten sehr wohl ein paar Minuten in der Vorrunde zugetraut, Schalkes Leroy Sané sogar die halbe Fußball-Nation. Vielleicht sogar die ganze.
„Leroy hat seine Qualitäten. Er kann den Gegner mit seiner Schnelligkeit überraschen“, sagt Co-Trainer Marcus Sorg am Donnerstag, als er und sein Assistenztrainerkollege Thomas Schneider an Stelle von Chefcoach Joachim Löw beantworten müssen, warum denn Sané nicht spiele. „Ich bin mir sicher, dass jeder der Spieler, die noch nicht gespielt haben, in einem Moment noch mal da sein und seine Chance bekommen wird“, beschwichtigt Sorg im Pressezelt von Évian-les-Bains. „Wichtig ist, dass Leroy bei uns im Training seine Leistung bringt.“
Wertschätzung für Sané und Co.
Die bringt er. Doch ob und wann der Noch-Schalker, der sich dem Vernehmen nach noch während der EM zwischen Bayern München und Manchester City entscheiden will, seine Leistung auch im Spiel bringen darf, bleibt ungewiss. Eines will Co-Trainer Schneider noch loswerden: „Wir müssen die Jungs nicht bei Laune halten. Sie wissen, dass sie große Wertschätzung bei uns erfahren.“
Hat Schneider Recht? Können die bislang noch nicht eingesetzten Spieler sogar noch zu einem wichtigen Faktor für den Weltmeister werden? Oder hält Bundestrainer Löw seinen Kader sogar bewusst klein?
Fest steht, dass es keine neue Entwicklung ist, dass nicht jeder in einem 23er-Kader bei einem Turnier zum Einsatz kommen kann. Bei der EM 2008 waren es vier Profis, bei der EM 2012 waren es sogar sechs. Beim WM-Sieg 2014 traf es Matthias Ginter, Kevin Großkreutz, Erik Durm sowie die Torhüter Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler. Vor zwei Jahren nannte Joachim Löw seine Bankdrücker „Spezialkräfte“.
Auch Christoph Kramer, der in der Vorrunde die Ersatzbank nicht verlassen sollte, durfte sich seinerzeit angesprochen fühlen. Er durfte erst im Finale für den angeschlagenen Sami Khedira von Anfang an auflaufen, ehe er angeknockt nach 32 Minuten für „Spezialkraft“ André Schürrle ausgewechselt wurde.
Viele Tore durch Einwechselspieler
„Ganz zum Schluss geht es um den Mannschaftserfolg“, erinnert Sorg, „wenn im letzten Spiel einer 30 Sekunden spielt und so gut vorbereitet ist, dass er den Ball noch von der Linie kratzt und das zum Sieg reicht, ist alles gut.“ Tatsächlich ist es gut, wenn man als Trainer auf echte Spezialkräfte zurückgreifen kann. Bei dieser EM wurden rund ein Fünftel aller Treffer durch Einwechselspieler erzielt. Das lässt die Reservisten auch für das Spiel gegen die Slowakei am Sonntag (18 Uhr, live in unserem Ticker) hoffen.
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