Berlin. Mit seinem Coming-out will Thomas Hitzlsperger schwulen Sportlern Mut machen: “Profisport und Homosexualität schließen sich nicht aus, davon bin ich überzeugt.“ Das Echo auf die Bekanntmachung seiner Homosexualität war voll Anerkennung.
Für Thomas Hitzlsperger war der Weg zum Coming-out ein "langwieriger Prozess" - andere Sportler will der frühere Nationalspieler nun unterstützen. "Ich hoffe, dass ich mit diesem Schritt in die Öffentlichkeit jungen Spielern und Profisportlern Mut machen kann", sagte der 31-Jährige laut einer in der Nacht zum Donnerstag verbreiteten Erklärung. "Profisport und Homosexualität schließen sich nicht aus, davon bin ich überzeugt." In einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit" hatte der ehemalige Fußballprofi zuvor öffentlich erklärt, schwul zu sein.
In einer parallel online gestellten Videobotschaft auf seiner Homepage betonte Hitzlsperger, dass es für ihn selbst und seine Familie unwichtig sei, dass er gerade jetzt an die Öffentlichkeit gehe. "Wichtig ist es nur für die Leute, die homophob sind, andere ausgrenzen aufgrund ihrer Sexualität - und die sollen wissen: Sie haben jetzt einen Gegner mehr."
"Fußballszene begreift sich immer noch als Machowelt"
Im Fußball werde Homosexualität "schlicht ignoriert", meinte der 52-malige Nationalspieler. In der Kabine werde über Sport, das nächste Spiel oder Ähnliches geredet - persönliche Aspekte spielten kaum eine Rolle. "Für die Medien hingegen ist das schon seit Jahren ein Thema. Nur die betroffenen Spieler, die haben sich nicht getraut, sich zu ihren Neigungen zu äußern. Denn die Fußballszene begreift sich in Teilen immer noch als Machowelt", meinte Hitzlsperger.
Unterschiede zwischen England und Deutschland sehe er dahingehend, dass auf der Insel weniger über Homosexualität geschrieben wird oder danach gesucht wird, welcher Spieler denn schwul sein könnte. "In Deutschland hingegen hat das Thema die Öffentlichkeit nie wirklich verlassen, seit vielen Jahren wird darüber geschrieben, es wird spekuliert und das bis zum heutigen Tag."
Dass er diesen Schritt erst nach seinem Karriereende mache, liege daran, dass es für ihn "ein langwieriger Prozess" war, sich über seine Homosexualität im Klaren zu werden. Acht Jahre lang lebte er mit einer Frau zusammen. "Erst als ich allein gelebt habe, dämmerte mir, ich habe Gefühle für Männer", erzählte Hitzlsperger.
Hitzlsperger outet sich
Anerkennung für eine "mutige Entscheidung"
Für das jetzige Coming-out erntete er viel Anerkennung aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Sport, Gesellschaft und Politik. Auch frühere Mitspieler, etwas Lukas Podolski ("Mutige und richtige Entscheidung") und Arne Friedrich ("Bin stolz auf dich"), waren dabei. Am Mittwochabend meldete sich selbst der britische Premier David Cameron zu Wort. Als Fan von Hitzlspergers Ex-Club Aston Villa twitterte er: "Ich habe immer bewundert, was Thomas Hitzlsperger auf dem Feld geleistet hat - aber heute bewundere ich ihn noch mehr."
Hitzlspergers Coming out wurde am Mittwoch über ein Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit" publik. Der Fußballer spielte in der Jugend für den FC Bayern München, 2000 wechselte er zum englischen Premier-League-Verein Aston Villa. Danach war er unter anderem Kapitän des VfB Stuttgart, spielte in England und Italien. Für die deutsche Nationalmannschaft lief der Mittelfeldspieler zwischen 2004 und 2010 insgesamt 52 Mal auf. Vor vier Monaten zog sich Hitzlsperger aus dem öffentlichen Leben als Fußballprofi zurück.
Es gibt nur wenige international bekannte Sportler, die ihre Homosexualität publik gemacht haben. Dazu zählen der Wasserspringer Greg Louganis, der Basketballspieler John Amaechi und die Tennisspielerin Martina Navratilova. (dpa/afp)