Melbourne. Zum Auftakt der Australian Open scheitern in Kerber, Petkovic und Siegemund gleich drei deutsche Damen. Zverev steht in Runde zwei.

Es war gut eine halbe Stunde in der Margaret-Court-Arena zu Melbourne vergangen, da huschte ein Lächeln über das Gesicht von Angelique Kerber (33). Es war allerdings kein Lächeln, das mit Zufriedenheit oder Genugtuung zu tun hatte. Kerber lächelte über die etwas absurde Situation, in der sie genau zu diesem Zeitpunkt steckte: Sie hatte die ersten neun Spiele ihrer Auftaktpartie allesamt verloren, es stand 0:6 und 0:3 gegen die Amerikanerin Bernarda Pera, es war zum Verzweifeln. Und irgendwie auch schon wieder zum grimmigen Lachen, so traurig war das alles bei diesem verkorksten Australian Open-Start. „Es war nicht mein Tag“, sagte Kerber, als dann nach einer 0:6 und 4:6-Niederlage schon auf den ersten Grand Slam-Metern ihr Turnierende besiegelt war.

Kerber hatte sich zwar noch einmal hereingekämpft in die Partie, in ihrer Niemals-Aufgeben-Attitüde, doch eine dieser Houdini-Geschichten mit verrücktem Entfesselungsakt wurde es nicht mehr an einem grauen Februarnachmittag. Die Enttäuschung sei schon „sehr groß jetzt“, meinte Kerber, „das muss man erst mal wegstecken.“

Es war nicht Kerbers Tag, es war aber auch ganz und gar nicht ein Tag der deutschen Frauen, dieser verspätete Starttag ins erste Majorturnier der schwierigen Saison 2021. Während die männliche deutsche Fraktion unter anderem mit dem Weiterkommen von Alexander Zverev (6:7, 7:6, 6:3, 6:2 gegen den US-Amerikaner Marcos Giron) und Dominik Koepfer (7:5, 6:2, 6:4 gegen den Bolivianer Hugo Dellien) zufrieden sein konnte, hatte sich Laura Siegemund schon vor der Kerber-Niederlage beim 1:6, 1:6 gegen Serena Williams einer Lehrstunde unterziehen müssen.

Siegemund in 55 Minuten abserviert

55 Minuten dauerte die Lektion der Amerikanerin, die wieder einmal auf der Jagd nach dem ewigen Grand Slam-Rekord mit 24 Titelgewinnen unterwegs ist und ihrer deutschen Gegnerin bitter die Grenzen aufzeigte. Besser wurde es auch nicht, als Andrea Petkovic zu ihrer Erstrundenprüfung gegen Tunesiens Ons Jabeur antrat: Die Darmstädterin ackerte und rackerte, doch als abgerechnet war, da hatte auch Petkovic nach einem 3:6, 6:3 und 4:6 keine Beschäftigung mehr als Solistin.

Trotz Wutanfall in Runde zwei der Australian Open: Alexander Zverev.
Trotz Wutanfall in Runde zwei der Australian Open: Alexander Zverev. © AFP | Unbekannt

Kerber hatte vor fünf Jahren und einer Woche in Melbourne ihren Aufstieg in die Weltspitze mit einem triumphalen Finalsieg über Serena Williams gekrönt, es war der erste wirklich große Glücksmoment inmitten des neuen deutschen Fräuleinwunders. Doch nun hat die Corona-Pandemie die Auflösungserscheinungen dieser ohnehin schon abebbenden Erfolgswelle noch einmal verstärkt – und wenn nicht alles täuscht, stehen dem deutschen Frauentennis nun eher karge Jahre bevor, ohne Spiele und Spielerinnen, die in der zugespitzten Grand Slam-Phase für Aufregung, Dramatik und Schlagzeilen sorgen können.

Julia Görges, eine der Hauptdarstellerinnen dieser goldenen Generation, hat im letzten Jahr bereits ihren Rücktritt erklärt, auch mit der Begründung, in Corona-Zeiten irgendwo die Motivation und die Sinnhaftigkeit ihres Tuns verloren zu haben. Petkovic wird wohl nicht über diese Saison hinaus spielen, in Melbourne sagte sie am Montag über sich selbst, sie sei mal gespannt, „wie lange der alte Gaul noch durchhält.“

Kerber von zwei Wochen Hotel-Quarantäne gebeutelt

Und Kerber? Sie war schon lange vor den Irrungen und Wirrungen, die den Turnierstart in Melbourne begleiteten, keine Gewinnerin der Pandemie-Ära. Kerber braucht für Erfolge, für ihr Selbstbewusstsein den regelmäßigen Kampf auf den Courts, ein geordnetes, stetes Arbeiten. Doch 2020 musste sie nach dem ersten Lockdown eine ewig lange Pause von rund einem Dreivierteljahr einlegen. Als sie dann wieder am Spielgeschehen teilnahm, kam sie nie voll auf Touren.

Vieles lief dann bei den Australian Open gegen sie. Der Zwang zum harten Lockdown, nachdem sie unglücklicher Weise in einem Flugzeug mit einem späteren Positivfall gesessen hatte. Die zwei Wochen der Einsamkeit im Hotelzimmer ohne Training. Und bevor sie am Montag nun ein echtes Gefühl für diesen herausfordernden Grand Slam bekam, war sie schon draußen aus der Melbourne-Geschichte. Es war ein rasant bitterer Abschied.