Peking. Die russischen Ärzte und Trainer, das CAS und das IOC tragen eine Verantwortung für das Schicksal der jungen Athletin. Ein Kommentar.
Als die Olympischen Winterspiele begannen, hatte IOC-Präsident Thomas Bach schnell ein stellvertretendes Gesicht für die zwei bevorstehenden Wochen in Peking gefunden. Eileen Gu ist halb Amerikanerin, halb Chinesin, startete auf Freestyle-Skiern nun für das Land ihrer Mutter, ist deshalb im Reich der Mitte beliebt bei Volk, Medien und Sponsoren. Zwei von drei Olympiamedaillen für die 18-Jährige glänzten golden.
Eileen Gu lenkte von Peng Shuai ab
Was das Praktische an Eileen Gu war: Mit ihrer Botschaft, Brücken zwischen den Menschen bauen zu wollen, lenkte sie von der Person ab, wegen der sich zwischen China (mit dem IOC im Gepäck) und dem Westen ein tiefer Graben aufgetan hatte: Tennisspielerin Peng Shuai, die zwischenzeitlich verschwunden war, nachdem sie einen ranghohen Politiker des Missbrauchs beschuldigt hatte.
Ein letztes Ritual dieser Spiele ist am Sonntag, dass die olympische Fahne an den nächsten Ausrichter übergeben wird. Vorbei ist China, freuen wir uns im Winter 2026 auf Italien. Eine Übergabe der etwas anderen Art vollzog Thomas Bach bei den prägnanten Gesichtern. Die Erfolge Gus werden ihm für seine Botschaften von während der Spiele geeinten Nationen gefallen haben. Bei Kamila Walijewa, der von einer Himmelsstürmerin zum einsamsten Mädchen Pekings gefallenen Eiskunstläuferin, konnte Bach nun aber vermitteln, wie sehr er sich um ihr Wohlsein sorgt. Das IOC stünde helfend parat, die traumatischen Erlebnisse zu überwinden.
Erwachsene haben die 15-Jährige in den Abrgund getrieben
Es waren Erwachsene, die die 15-Jährige in Peking an den Abgrund getrieben haben. Die Sportjuristen des Cas haben Walijewa nach Bekanntwerden einer positiven Dopingprobe mit der Starterlaubnis im Einzel vor erheblichen „irreparablen Schäden“ bewahren wollen. Was sind wohl die Folgen dessen, das am Donnerstag Millionen Menschen weltweit am Fernseher verfolgt haben? Dann sind da die Trainer und Ärzte im russischen Team, denen aus Gier nach Ruhm und Medaillen offenbar jedes Mittel recht ist. Und schließlich das IOC mit Bach selbst, der eine treibende Kraft war, dass Russland für seinen außerordentlichen Doping-Betrug von 2014 nicht von der olympischen Bühne verbannt worden war. Was das Land offenbar ermutigt hat, noch skrupelloser zu werden. Kamila Walijewa hat einen verdammt hohen Preis dafür bezahlt, ein Gesicht der Spiele zu werden.