Stuttgart. Die Rückenverletzung, ein Ermüdungsbruch am Iliosakralgelenk, macht Andrea Petkovic keine Probleme mehr. Mein Ziel ist es, große Titel zu gewinnen“, sagt sie. Sich selbst hat sie darüber hinaus mehr Gelassenheit verordnet, „ich möchte das Tennisspielen wieder mehr genießen.“
Der dicke Eisbeutel um das rechte Knie sah bedrohlich aus: ein bisschen so, als ob Andrea Petkovic gerade von einer schweren Schlacht heimkehren würde. Doch sie hatte nur ihr Comeback auf der WTA-Tour nach dreieinhalbmonatiger Verletzungspause gegeben und es in Stuttgart mit einem Zweisatzsieg gegen ihre Landsfrau Kristina Barrois beendet. Petkovic strahlte übers ganze Gesicht, als zu später Stunde alle auf ihr Knie starrten. Alles halb so schlimm lächelte Petkovic die Probleme weg. „Mir geht es eigentlich blendend.“
Die Rückenverletzung, ein Ermüdungsbruch am Iliosakralgelenk, macht ihr keine Probleme mehr. „1000 Prozent schmerzfrei“, wie sie sagt. Doch das leidige Knie reagiert weiter auf den Stress des Turnieralltags, nachdem sie bereits im Fed Cup zweimal gespielt hatte. Noch mehr nach der langen Verletzungspause. Das Innenband ist leicht eingerissen. „Wir haben das aber absolut im Griff.“
Auch weil sie jetzt weniger Turniere spielen und mehr auf ihren Körper hören möchte. Sie wolle den Fokus auf die Grand-Slam-Wettbewerbe legen. „Mein Ziel ist es, große Titel zu gewinnen“, sagt Petkovic. Sich selbst hat sie darüber hinaus mehr Gelassenheit verordnet, „ich möchte das Tennisspielen wieder mehr genießen.“ Ob das auch gelingt, wenn wieder das Training, die Partien, die Hatz um den Globus ihr den Tagesablauf vorgeben? Petkovic zuckt nur mit den Schultern und antwortet: „Ich will es probieren.“
Fischer hat sie „psychisch am Leben erhalten“
Es sei eine ziemlich widersprüchliche Zeit gewesen, sagt Petkovic, wenn sie über die Pause spricht, die sich für sie wie eine Ewigkeit angefühlt hat. Auf dem Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere musste sie von draußen zuschauen, als die anderen Spielerinnen die großen Titel ohne sie ausmachten. „Ich bin da nicht sonderlich erträglich gewesen“, sagt die 24 Jahre alte Tennisspielerin aus Darmstadt.
Vor allem die erste Woche war grausam. Sie durfte nicht gehen, sie durfte nicht sitzen. „Mir blieb nur den ganzen Tag zu liegen und Fernsehen zu schauen.“ Stinklangweilig sei das gewesen. Aus diesem Grund ist sie anschließend auch auf die Malediven geflogen. Alleine. Sie hatte viel Zeit, über sich und ihr Leben nachzudenken. Wichtiger Ansprechpartner in dieser schwierigen Phase ihres Lebens war ihr Mentalcoach Holger Fischer. „Er hat mich psychisch am Leben erhalten“, sagt Petkovic, „und hat mir den Kopf wieder an die richtige Stelle gesetzt.“
Es war alles irgendwie aus den Fugen geraten. Sie habe sich nur noch als Tennisspielerin definiert. Sie begann also ihr Leben neu zu ordnen, sich neue Ziele zu setzen. „Ich bin insgesamt ruhiger, auch entspannter geworden“, sagt Petkovic. Nebenbei wechselte sie die Studienfächer. Sie widmet sich nun der Literatur und der Philosophie. An der Politikwissenschaft hatte sie die Freude verloren. Zudem begann sie zu schreiben. Nur für sich. Gedichte. Ihr Traum sind aber Drehbücher. „Da bin ich aber noch nicht gut genug.“
Petkovic will sich nicht mehr über Kleinigkeiten ärgern
Ihre innere Wandlung als Mensch soll sich nun auch auf den Platz bezahlt machen. Sie möchte nun weniger emotional spielen und dem Profisport mit mehr Demut und Dankbarkeit begegnen. „Ich ärgere mich nun nicht mehr so viel über Kleinigkeiten“, sagt Petkovic.
Ihre Rückkehr auf die Tour geht in Stuttgart nun mit dem Match am Donnerstag gegen die Weltranglisten-Erste Viktoria Azarenka weiter. „Für das zweite Spiel nach dem Comeback ist das natürlich ein Hammer“, sagt die Weltranglisten-Zwölfte. Sie freue sich aber darauf. Wichtig sei nun, wieder in den Turnieralltag reinzufinden, so viele Matches wie möglich zu spielen. Bis zu den French Open in Paris will sie noch bei den Turnieren in Madrid und Rom aufschlagen.
Erzwingen will sie aber nichts mehr. Das steht fest. Am besten sollte man das Knie fragen, ob das wirklich stimmt. Aber in einem Punkt ist sich Andrea Petkovic sicher. „Ich werde aus der Verletzungspause stärker herauskommen.“ (dapd)