Bakery Jatta vom Hamburger SV muss sich nicht vor Gericht verantworten. Das Amtsgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.
Bakery Jatta kann nach einer quälend langen Ermittlungsphase aufatmen: Das Amtsgericht Hamburg-Altona hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Profi des HSV abgelehnt. Damit gilt Jatta in dem Strafverfahren wegen Erschleichung von Aufenthaltstiteln offiziell als unschuldig.
Gericht: HSV-Profi Bakery Jatta ist unschuldig
Als Gründe führt das Amtsgericht in seinem Beschluss, der dem Abendblatt vorliegt, auf, dass kein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Demnach wäre Richter Volker Stegmann im Falle eines Verfahrens mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Freispruch Jattas ausgegangen.
„Das Ermittlungsergebnis trägt im vorliegenden Fall die Tatvorwürfe nicht“, heißt es in dem Beschluss. Auch weitere Ermittlungen soll es nicht geben. „Die Anordnung von Nachermittlungen ist nicht veranlasst.“
Bakery Jatta: Gericht tadelt Beweise der Staatsanwaltschaft
In der seit August 2019 andauernden Identitätsdebatte, die durch einen Bericht der „Sport Bild“ ausgelöst wurde, hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg im Dezember 2021 Anklage gegen Bakery Jatta erhoben, nachdem das Verfahren im Januar 2020 eröffnet worden war.
Der Vorwurf: Der 23 Jahre alte Gambier sei zweieinhalb Jahre älter und heiße tatsächlich Bakary Daffeh. Mit diesen Daten habe er sich seine Aufenthaltserlaubnis erschlichen. So soll er sich im Jahr 2015 mit einer Daffeh-E-Mail-Adresse bei den Bremer Behörden angemeldet haben. Vorwürfe, die nun vom Gericht wegen der geringen Beweislast der Staatsanwaltschaft widerlegt wurden.
„Die Staatsanwaltschaft ist jeglichen gerichtsverwertbaren Nachweis einer Geburt des Angeschuldigten am 6.11.1995 schuldig geblieben“, heißt es in dem Beschluss. Denn jenes Datum, der vermeintliche Tag der Geburt Daffehs, stünde „überhaupt nicht sicher und gerichtsverwertbar fest“. Zur Erklärung führt Stegmann weiter aus: „Ist nämlich das Geburtsdatum 6.11.1995 für Daffeh schon nicht durch eindeutige Urkunden (Geburtsregister, ID-Karte, Personalausweis oder Reisepass) hinreichend sicher belegt, erübrigt sich eine weitere Untersuchung etwaiger Personenidentität Daffeh/Jatta.“
Gericht bestätigt Identität von Bakery Jatta
Auch das von der Universität Freiburg erstellte anthropologische Gutachten, wonach Jatta und Daffeh mit „höchster Wahrscheinlichkeit“ dieselbe Person seien, reiche nicht aus. „Weitere Beweismittel, die eine Überführung des Angeschuldigten ermöglichen könnten, liegen nicht vor.“
Zur Erinnerung: Jatta besitzt nach Auswertung der Behörden einen gültigen Reisepass und eine von gambischen Behörden beglaubigte Geburtsurkunde. Beide Dokumente seien für Stegmann „hochrangige
Urkunden“, die Jattas Identität „hinreichend sicher belegen“.
Deshalb kommt Amtsrichter Stegmann zu dem Schluss: „Nach dem Ermittlungsergebnis muss hinreichend sicher davon ausgegangen werden, dass der Angeschuldigte Bakery Jatta heißt und am 6.6.1998 geboren wurde.“
Mit deutlichen Worten äußerte der Amtsrichter zudem Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft. „Die Geburtsangabe fußt offensichtlich allein auf unüberprüften und überwiegend unüberprüfbaren Presseberichten (der „Bild“-Zeitung; d. Red.) und Internetrecherchen.“ Dies reiche nicht aus, führte Stegmann aus. Vielmehr hätte die Staatsanwaltschaft als Beweis für ihre Anklage Urkunden, Zeugenaussagen oder unmittelbare Kontaktpersonen Daffehs ausfindig machen müssen. Doch das ist eben nicht der Fall.
Übernahm Jatta die Identität von Daffeh?
Pikant wird es auf Seite fünf des neunseitigen Beschlusses. Demnach könnte sich Jatta vor einigen Jahren in Afrika Gambia als Daffeh ausgewiesen haben und nicht andersherum. Weil er älter sein musste, um die Anforderungen der nigerianischen Liga zu erfüllen.
„Zu Recht weist die Verteidigung darauf hin, dass der Wechsel von Daffeh von dem gambischen Fußballverein Brikama United zu dem nigerianischen Verein Lion FC, der sich laut Transferregister am 1. Juli 2012 vollzogen haben soll, zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem Jatta erst 14 Jahre alt und entsprechend den Reglements der nigerianischen Fußball-Liga, die für die Teilnahme ein Mindestalter von 16 Jahren voraussetzen, für den Spielbetrieb nicht tauglich war“, schreibt Stegmann.
Demnach könnte Jatta die Identität des damals 16 Jahre alten Daffehs übernommen haben. Stegmann: „In Fortführung dieses Gedankens hätte wahrscheinlich auch der 13-jährige Jatta sich kaum 2011 für den gambischen Erstligisten Brikama United registrieren lassen können.“
Im Kern bedeutet das für den Amtsrichter, dass „in einer Hauptverhandlung allenfalls der Nachweis einer Personenidentität Jatta/Daffeh möglich wäre, was für eine Überführung im Sinne der Anklage nicht ausreicht“.
Bakery Jatta: Wie reagiert der HSV?
Nicht nur Jatta, sondern auch den HSV dürfte dieser richterliche Beschluss erleichtern. Der Club wurde am Dienstagmorgen darüber informiert und prüft das Schreiben nun mit seinen Juristen. Doch das Ergebnis kann eigentlich nur eines sein: Bakery Jatta ist Bakery Jatta.