Düsseldorf.. Zum zweiten Mal nach dem spektakulären Debüt 1988 in Calgary startet ein Bob aus Jamaika bei Olympischen Winterspielen. Der Düsseldorfer Manager David Vehreschild, der das Team seit 2012 unterstützt und ihm über einige Hürden geholfen hat, hofft: nicht nur als Farbtupfer.
Es war ein Hilferuf, der David Vehreschild im Dezember 2012 erreichte. Die Stimme am Telefon klang traurig. Sie hätten kein Geld mehr, klagte der Freund aus Jamaika. Und der Schlitten, den sie sich für das Bobrennen in den USA geliehen hatten, sei jetzt auch noch kaputt gegangen. Vehreschild, ein Filmemacher aus Düsseldorf, zauderte nicht und sorgte dafür, dass die frustrierten Bobfahrer per Flugzeug zurück auf ihre Karibik-Insel konnten. Seit dieser Aktion kümmert sich der 41-Jährige als Manager um „seine Jungs“.
Vor 14 Monaten dachte niemand, dass diese Geschichte einen guten Ausgang finden würde. Kein Geld, kein Bob, keine sportliche Perspektive: Der Traum, nach zwölf Jahren endlich wieder einen Bob mit den grün-gelb-schwarzen Farben durch eine olympische Eisrinne lenken zu können, schien geplatzt zu sein. Doch gemeinsam mit Vehreschild überwanden die Bobfahrer eine Hürde nach der anderen und qualifizierten sich in letzter Minute als 30. Team für den Zweier-Wettbewerb bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi.
Die Geschichte von Pilot Winston Watt und seinen Anschiebern aus diesem Winter weckt Erinnerungen. An das erste Abenteuer von damals vier Bobfahrern aus Jamaika, die 1988 in Calgary mit dem ebenso dilettantischen wie wagemutigen englischen Skispringer Eddie the Eagle um die größte Exoten-Rolle der Winterspiele konkurrierten. Während die Namen der Olympiasieger auf der Schanze und in der Eisrinne nur noch Experten geläufig sind, erinnern sich nicht nur Wintersport-Fans auch heute noch an die halsbrecherischen Hüpfer von Eddie the Eagle und die Fahrten der Jamaikaner.
Cool Runnings Reloaded
Noch bekannter als die wahre Geschichte der Originale wurde die verfilmte Version, die im Februar 1994 nicht nur in Deutschland, sondern weltweit viele Millionen Menschen in die Kinos lockte. So wie im Kino-Hit „Cool Runnings“ kam auch der „Jambob“ von 2014, „Cool Runnings Reloaded“, erst über Umwege nach Olympia. So standen Winston Watt und seine Kollegen im März 2013 nach einem weiteren Crash in Lake Placid ohne Bob an der Strecke. „Wir haben einen Schlitten in einer alten Scheune gefunden und in einer Nacht-Aktion flott gemacht“, erzählt der Manager.
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Auf der Karibik-Insel hat Vehreschild nach ebenso kräftigen wie schnellen Anschiebern gesucht. Was tun in einem Sonnenparadies ohne Schnee? Machen wir es auf weißem Sand, dachte sich der Manager. Also rief er ein Casting der besonderen Art aus. Ein als Bob umgebauter Karren wurde durch den Sand katapultiert. Schnelle Jungs gibt es in Jamaika ja genug. Usain Bolt wollte nicht, aber Vehreschild wollte Ex-100-Meter-Weltrekordler Asafa Powell einladen. Eine Woche vor dem Casting wurde Powell als Doping-Sünder enttarnt. „Eine menschliche Enttäuschung“, sagt Vehreschild, „aber unsere Jungs sind sauber.“
Badelatschen und Popcorn
Schnell sind sie auf jeden Fall. Marvin Dixon, der in Sotschi anschieben wird, läuft die 100 Meter in 10,2 Sekunden. Nicht mehr ganz so fix ist Winston Watt, aber dafür war der 46-Jährige schon 1994, 1998 und 2002 bei Winterspielen im Einsatz und gilt als routiniert an den Lenkseilen. Vehreschild hat durch fleißiges Klinkenputzen das Bob-Projekt auf Erfolgs-Kufen gestellt. Als Bundestrainer Christoph Langen von den Schwierigkeiten der Jamaikaner hörte, besorgte er ihnen zwei Bobs aus dem bayerischen Traunstein. Ein deutsches Logistik-Unternehmen sorgt für den Transport der Schlitten, eine Essener Firma stellt die Helme in modischer Form von Melonen.
„Das fehlende Geld ist unsere einzige Schwäche“, sagt Vehreschild, „das olympische Abenteuer ist gesichert. Aber wir wollen dran bleiben. Wir brauchen 250 000 Euro im Jahr.“ Und selbst diese Summe reicht nur deshalb für sechs Bobfahrer und zwei Trainer aus, weil die Lebenskosten in Jamaika viel niedriger als bei uns sind.
Das Ziel der Jamaikaner ist in Sotschi ein Platz unter den ersten 15. Vehreschild wird darauf achten, dass sie sich auf ihrem Weg nicht selbst austricksen. Denn so lebenslustig die Jungs aus der Karibik sind, so lässig sind sie manchmal bei anderen Dingen. Als Winston Watt mal bei einer Sitzung der Piloten fehlte, musste ihn Vehreschild wecken. Als wäre nichts passiert, schlenderte Watt in Badelatschen und mit einer Packung Popcorn in der Hand zum Treffen.