Mönchengladbach. Trainer Adi Hütter sollte Gladbach zurück in den Europapokal führen, doch nun ist sogar der Klassenerhalt in Gefahr. Weiteres Ungemach droht.
Borussia Mönchengladbach muss sich mit einer Lage befassen, die der Klub seit einer Dekade nicht mehr kannte. Der Terminus „Abstiegskampf“ war dort nach der Rettung in der Relegation 2011 gegen den VfL Bochum eigentlich ein Fremdwort. Zehnmal in Serie belegten die Fohlen am Saisonende seitdem einen einstelligen Tabellenplatz in der Fußball-Bundesliga – das gelang neben Gladbach nur Borussia Dortmund und Bayern München. Vor dem Start in die Rückrunde rangieren die Niederrheinischen allerdings auf Platz 14, nur drei Punkte trennen sie von einem direkten Abstiegsplatz. Der Klassenerhalt ist in Gefahr.
Die Situation sei „nicht ungefährlich“, sagt Trainer Adi Hütter, für den Gladbach im vergangenen Jahr eine Ablösesumme in Höhe von 7,5 Millionen Euro an Eintracht Frankfurt überwiesen hatte. Fünf Millionen Euro hatte der Klub aber auch durch den Wechsel von Marco Rose zum BVB eingenommen. Sein Mitte Februar verkündeter Abschied hatte große Unruhe im und rund um den Verein verursacht. In der Folge verlor Gladbach damals sieben Spiele in Serie, etliche Fans betrachten Roses Abgang noch jetzt als maßgeblichen Einschnitt in der sportlichen Entwicklung. In den letzten fünf Spielen des Jahres 2021 kassierte Gladbach nun vier hohe Pleiten mit 17 Gegentoren. Das aus Borussen-Sicht sehr glückliche 1:1 zum Hinrunden-Abschluss bei der TSG Hoffenheim bedeutete zwar eine Unterbrechung der Niederlagenserie − aber noch lange kein Ende der Krise.
Auftakt bei Bayern München
Weiteres Ungemach droht schon zu Beginn dieses neuen Jahres: Zum Rückrundenauftakt am 7. Januar (20.30 Uhr/Sat.1 und DAZN) wartet der zwar ersatzgeschwächte, an der Tabellenspitze aber bereits enteilte FC Bayern, acht Tage später kommt Bayer Leverkusen in den Borussia-Park, also jene Mannschaft, die den Gladbachern in der Hinrunde ein 0:4-Niederlage zufügte. In diesen Partien wird sich auch zeigen, wie die Mannschaft die zum Saisonende feststehenden Abgänge der Führungsspieler Matthias Ginter und Denis Zakaria verarbeitet hat.
Borussias fast surrealer 5:0-Triumph im DFB-Pokal über den Serienmeister aus München im Oktober rückte angesichts des Liga-Absturzes doch recht schnell wieder in den Hintergrund. Es darf aber jetzt davon ausgegangen werden, dass die Bayern auf Revanche sinnen. An ihr letztes Gastspiel in München haben die Gladbacher übrigens schlechte Erinnerungen: Im Mai 2021 gingen sie dort mit 0:6 unter. Die Saison beendeten sie in jenem Monat auf Rang acht – und damit außerhalb der Plätze, die zur Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb berechtigen. Es war eine große Enttäuschung für den Klub.
Gladbach war seit 2012 sechsmal im internationalen Geschäft
Im internationalen Geschäft war Gladbach seit 2012 sechsmal vertreten gewesen. Maßgeblichen Anteil hatte auch Sportdirektor Max Eberl mit seinen Personalentscheidungen. Hütter sollte nun eigentlich der Mann sein, der Gladbach zurück in den Europapokal führt. Der 51 Jahre alte Österreicher, ein eher ruhiger, besonnener Trainer-Charakter, der dennoch klare Ansagen formuliert, erhielt einen Vertrag bis zum 30. Juni 2024. „Ich möchte diese mit jungen und erfahrenen Spielern gespickte Mannschaft weiterentwickeln. In diesen drei Jahren will ich sie wieder auf internationales Terrain bringen“, sagte Hütter im Oktober im Interview mit dieser Redaktion.
Doch jetzt geht es für ihn erst einmal darum, die Talfahrt zu beenden. Hütter ist bei einem Klub angestellt, dessen Sportdirektor stets großes Vertrauen in die Trainer setzt – auch in schwierigen Phasen. Der 48-jährige Eberl hat deutlich mehr Geduld als andere Bundesliga-Manager. Aber auch er dürfte unter Handlungsdruck geraten, wenn Gladbach nicht möglichst schnell eine Trendwende einleitet.
Die dringende Suche nach defensiver Stabilität
Für einen sportlichen Richtungswechsel muss sich die Mannschaft vor allem defensiv stabilisieren. 32 Gegentreffer musste die Borussia in der Hinrunde hinnehmen − nur Hertha BSC (35) und die Spielvereinigung Greuther Fürth (49) kassierten mehr. Eine frappierende Abwehrschwäche offenbarten die Gladbacher bei Standardsituationen. Beim 0:6-Debakel gegen den SC Freiburg fielen gleich vier Tore nach Ecken oder Freistößen. Aber auch das Offensivspiel lässt bislang zu wünschen übrig. Es fehlte immer wieder die nötige Abstimmung, die Klarheit in den Aktionen, auch die Konsequenz vor dem Tor. Gladbach hat viele Probleme zu beheben, wenn das Wort Abstiegskampf wieder beiseite geschoben werden soll.