Duisburg. Der frühere Bayern-Präsident Uli Hoeneß greift als neuer RTL-Experte den Verband an. Funktionäre wie Peters und Koch bekommen ihr Fett weg.
Die gefürchtete Abteilung Attacke trat erst in Erscheinung, als es bereits auf Mitternacht zuging. Bis dahin hatte sich Uli Hoeneß bei seinem ersten Auftritt als RTL-Experte erstaunlich handzahm gegeben. Der verdiente 3:0 (2:0)-Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Island im ersten Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft 2022 in Katar bot auch keinen Anlass zu Kritik, und so verteilte der einstige starke Mann beim FC Bayern Streichel-Einheiten an die Spieler und den zuletzt so oft gescholtenen Bundestrainer Joachim Löw.
Lob für Trainer und Mannschaft beim Länderspiel
„So habe ich mir das vorgestellt“, flötete der 69-Jährige. „Ich bin total zufrieden, nicht nur vom Ergebnis her, sondern auch von der Art und Weise.“ Ausdrücklich lobte er auch die Aktion der Spieler, sich vor Anpfiff mit Shirts mit der Aufschrift „Human Rights“ (Menschenrechte) gegen den WM-Gastgeber Katar zu positionieren.
Tirade kurz vor Mitternacht
In Schwung kam Hoeneß erst, als er auf den Deutschen Fußball-Bund angesprochen wurde. Da setzte das einstige Bayern-Schwergewicht zu einer Tirade an, die es in sich hatte. Das Erscheinungsbild des Verbandes? „Ein Trauerspiel!“ Generalsekretär Friedrich Curtius? „Völlig überfordert in dieser Position!“ Schatzmeister Stephan Osnabrügge, dessen Namen er nicht einmal erwähnte? „Ein Arbeitsrechtler“, was in der Welt von Uli Hoeneß offenbar nichts Gutes ist. Und weiter: „Wir wissen ja selbst, die Steuerfahndung geht beim DFB so oft ein wie der Briefträger.“
Es waren heftige Attacken, auf die am Freitag eine schmallippige Reaktion erfolgte: „Der DFB weist die subjektiv motivierten pauschalen persönlichen Angriffe zurück und kommentiert diese auch nicht weiter“, teilte der Verband auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Dass man nicht ausführlicher wurde, hat wohl auch mit den unterschiedlichen Interessen im Verband zu tun. Einige dürften sich über die deutlichen Worte durchaus gefreut haben. Hoeneß nämlich sparte den Präsidenten Fritz Keller aus von seinen Vorwürfen. Mehr noch: Er ergriff Partei für Keller in dessen Machtkampf mit Curtius, Osnabrügge und Vizepräsident Rainer Koch. „Auch Rainer Koch glaubt ja, dass er der geeignete Präsident wäre“, schimpfte Hoeneß. „Diese drei ewig Unzufriedenen versuchen hier das Geschäft zu machen, und Fritz Keller ist der Leidtragende.“
Kalkulierte Attacke
Der grantelnde Experte lag damit genau auf Linie der Profiklubs, die Keller im Machtkampf gegen das Amateurlager unterstützen. Kalkül, kein Zufall. Die Zuschauer sahen keinen spontanen Wutausbruch, was sich schon am recht ruhigen Ton und der normalen Gesichtsfarbe zeigte – man sah Hoeneß auch schon mit hochrotem Kopf.
Das passte dazu, dass am Freitag aus dem Umfeld des FC Bayern München von Menschen zu hören war, die schon vorher gewusst hatten, was der frühere Bayern-Präsident sagen würde. Das machte die Aussagen umso interessanter – auch jene, die auf die internationale Vertretung des deutschen Fußballs zielten. Dass Koch den DFB in der Exekutive der Europäischen Fußball-Union (Uefa) vertreten und DFB-Vizepräsident Peter Peters in den Rat des Weltverbandes Fifa einziehen soll, gefällt Hoeneß überhaupt nicht. Der frühere Schalker Finanzvorstand Peters habe beim Revierklub „nicht gerade gute Arbeit geleistet“. Stattdessen schlug Hoeneß seinen langjährigen Wegbegleiter Karl-Heinz Rummenigge vor, der zum Ende des Jahres als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern aufhört. „Der hat ein Netzwerk, der ist akzeptiert und anerkannt“, erklärte Hoeneß. „Dann hätte der FC Bayern, äh, die deutsche Fußballwelt den besten Vertreter, den man haben kann.“
Ein vielsagender Versprecher – denn ganz genau weiß man bei Hoeneß ja auch nicht, ob er wirklich das Wohl des deutschen Fußballs oder doch eher das seines FC Bayern im Auge hat. Das aber passt hervorragend zu den vielen undurchsichtigen Vorgängen beim DFB, wo man ja auch nie so ganz genau weiß, wer gerade die Interessen des deutschen Fußballs vertritt oder die des DFB – was erstaunlich oft unterschiedlich ist. Oder doch nur die eigenen.