Essen. Der Profifußball ist in Corona-Zeiten aufs Elementarste reduziert. Man hört dabei Spieler über den gesamten Rasen brüllen.

Diese Stille. Das hat auch was. Mal richtig das Spiel mitbekommen mit all seinen Einzelheiten, mit den Begegnungen und Emotionen der Spieler. Die Fans sind unersetzlich, aber jetzt ist es nun mal so. Fußball ist aufs Elementarste reduziert, zwei Mannschaften gegeneinander, ein Tor, ein Sieg und eine Niederlage. Glück, Können, Teamgeist und ein Urgefühl des Kampfes, seh- und hörb… „Eyyyyyyyyyyyy, Schiri! Jetzt reicht’s langsam!“ Hu, woher kam das?

Schnell umdrehen. Muss da oben gewesen sein, wo es in Nicht-Corona-Zeiten Schnittchen und Perlwein gibt, und was sonst noch das Leben angenehmer machen kann. Aber niemand zu sehen.

Profifußball in Corona-Zeiten. Ein bisschen absurd auch. Menschen kämpfen um ihr Leben. Hier kämpfen zwei Mannschaften um den Ball. Aber doch so ernst: Man hört es richtig klatschen, wenn zwei Körper aufeinandertreffen. Das muss wehtun. Und wie entschlossen: Man hört Spieler über 50 Meter Rasen brüllen. „Links, links, links!“ „Geh drauf, geh!“ „Kopf hoch! Hey! Das Spiel ist nicht vorbei!“ Es geht doch ganz schön zur Sa… „Der trifft nur den Mann, Schiri, nur den Mann! Das ist jetzt schon das dritte Mal. Verdammtnochmal.“

Jetzt bin ich mir sicher. Es kommt von da oben. Reflexhaft habe ich mich wieder umgedreht. Ich will eigentlich gar nicht. Mir ist das doch egal, wenn sich da einer aufregt. Aber ich muss hinsehen. Wie an der Kasse, wenn sich ein Kunde über den anderen beschwert. „Moment, ich bin vor ihnen dran.“ Dann gucke ich auch hin, obwohl es mich nichts angeht.

Irgendwie auch trist, das Spiel. Passiert gerade wenig. Der Ball läuft hin und her, der Trainer gibt taktische Anweisungen. Selten einen so kalten, schmutzigen Samstag erlebt. Die Spieler frieren wahrscheinlich nicht, und langweilen werden die sich auch nicht. Wenn jetzt die Fans da wären, die würden für Stimmung sorgen, ein Lied anstimmen, klatschen, od… „Gestrecktes Bein! Was bist du denn für einer?“

Okay, ich dreh mich ein letztes Mal um. Wieder nichts. Fassade, Balustrade, ein paar Fenster. Dasselbe Problem wie bei den anderen Spielen. Irgendjemand brüllt von ganz oben rein. Nicht der Fußballgott. Ein anderer, der sich vielleicht für einen hält. Warum darf der das? Erstens gibt es im Moment für alles Regeln und Verordnungen, und dieser Sport funktioniert im Moment nur, weil sich (fast) alle daran halten. Zweitens ist es ungerecht, weil die, die oben sind, sich so aufführen dürfen, und die, die normalerweise unten sind, gar nichts dürfen. Und dritt… „Mach ihn, mach ihn, ja, zieh durch, Junge! Ja! Jaaa! Jaaaaaaaaa!“

Tor. Wegen des Schreihalses hab ich‘s nicht gesehen. Wird Zeit, dass die Fans zurückkommen. Verdammtnochmal.