München. Frankfurt feiert beim FC Bayern durch ein 2:1 seinen ersten Saisonsieg – für die Eintracht der erste Erfolg in München seit 21 Jahren.

Julian Nagelsmann stand in seiner Coachingzone und konnte kaum glauben, was er sah. Lucas Hernández spielte im Aufbau völlig unbedrängt einen Fehlpass. Es war ein Fauxpas, der zwar folgenlos blieb, aber er stand stellvertretend für jene Verunsicherung, die sich am Sonntag eingeschlichen hatte ins Spiel des FC Bayern.

Am Ende blickten Trainer Nagelsmann und seine Münchner Tabellenführer sogar auf eine überraschende 1:2 (1:1)-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt, ihre erste der Saison und die erste Heimniederlage in der Bundesliga seit dem 1:2 gegen Leverkusen im November 2019. Dabei waren die Bayern durch Leon Goretzka in Führung gegangen (29.), doch Martin Hinteregger (32.) und Filip Kostic (83.) drehten das Spiel. Die Erfolgsserie der Bayern von neun Pflichtspielsiegen war damit jäh beendet. Frankfurt feierte mit dem Coup fürs Poesiealbum dagegen den ersten Saisonsieg und ersten Erfolg in München seit November 2000.

Frankfurts Torwart Kevin Trapp überzeugt vor den Augen von Hansi Flick

„Wir haben aus den Mitteln, die möglich waren gegen so einen Gegner, das Maximum herausgeholt“, sagte Frankfurts überragender Kevin Trapp. Dass er von Bundestrainer Hansi Flick, Augenzeuge in der Münchner Arena, nicht nominiert wurde für die nun anstehenden Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft, habe ihn „enttäuscht“, sagte der Torwart. Es war jenes Gefühl, mit dem alle Bayern ihre Arena verließen. „Es war ein Spiel, das wir auf keinen Fall verlieren dürfen“, befand Thomas Müller, „wir waren sowohl vorne als auch hinten nicht effektiv.“ Nagelsmann formulierte es so: „Zuletzt haben wir viel getroffen, heute nicht, deswegen haben wir verloren.“

Kevin Trapp entschärft einen Kopfball von Bayern-Stürmer Robert Lewandowski.
Kevin Trapp entschärft einen Kopfball von Bayern-Stürmer Robert Lewandowski. © firo | Unbekannt

Vor Beginn des Spiels hatte Hasan Salihamidzic noch festgestellt, dass es „in die richtige Richtung“ gehe unter dem neuen Chefcoach Nagelsmann. „Das Trainerteam macht einen sehr, sehr guten Job“, lobte der Sportvorstand bei DAZN, verwies aber auch auf das Verbesserungspotenzial, unter anderem in der Defensive. „Wir können sicherlich noch mehr“, befand Salihamidzic, „wir sind manchmal noch anfällig, auch wenn wir oft zu Null spielen.“ Es war ein Hinweis, der sich in den folgenden 90 Minuten bestätigen sollte.

Dabei war es zunächst eine erdrückende Dominanz der Bayern gewesen, mit der sie die Frankfurter ständig beschäftigten und kaum an den Ball ließen. Wenn die Münchner doch einmal den Ball verloren, erstickten sie die Konteransätze der Eintracht mit ihren aggressiven Gegenpressing. Es war jenes Muster, das Frankfurts Trainer Oliver Glasner vorm Anpfiff beschrieben hatte, als er über „die roten Männchen“ sprach, die von allen Seiten kämen. Genau in diese rot gekleideten Münchner hinein lief sein Innenverteidiger Hinteregger vor Bayerns Führung, ehe sein Passversuch abgefangen und schnell weitergeleitet wurde auf Goretzka, der zum 1:0 einschob. Doch Hinteregger machte seinen Fehler umgehend wett: Einen Eckball von Kostic wuchtete er per Kopf zum Ausgleich ein.

Trapp mit tollem Reflex gegen Lewandowski: "Reine Intuition"

Es war ein Tor aus dem Nichts und eines, das die Münchner verunsicherte. Plötzlich schlichen sich Ungenauigkeiten ein, die finale Zuspitzung fehlte mehrfach. Und kurz vor der Halbzeit konnten die Bayern sogar von Glück sagen, dass die Frankfurter nicht mit ihrer zweiten Großchance ihr zweites Tor erzielten, als Alphonso Davies unaufmerksam war und Almamy Touré plötzlich allein vor Manuel Neuer stand, den Torwart aber nicht überwinden konnte. Auf der Gegenseite traf Serge Gnabry den Pfosten des leeren Tores.

Auch in der zweiten Halbzeit kehrte die Selbstverständlichkeit nicht ins Spiel des FC Bayern zurück. Exemplarisch dafür stand der Fehlpass von Hernández. Hinzu kam Lewandowskis Kopfball aus drei Metern, den Trapp mit einer sensationellen Fußabwehr parieren konnte. „Reine Intuition“, sagte der Torwart. Auch danach liefen die Bayern an, doch vieles wirkte hektisch und unstrukturiert. Die Frankfurter verteidigten leidenschaftlich und lauerten immer wieder auf Konter, die sie allerdings oft unpräzise ausspielten. Jedenfalls bis zur Schlussphase, in der Kostic mit einem Linksschuss Neuer überraschte, der den Aufsetzer zum 1:2 passieren ließ. Die Bayern griffen immer verzweifelter an. Trapp parierte noch einen Goretzka-Schuss, dann war die Überraschung vollbracht. Und Nagelsmann? Konnte kaum glauben, was er gesehen hatte.