Wien. Deutschlands Handballer haben das Prestigeduell gegen Österreich souverän mit 34:22 (16:13) gewonnen. Nun ist Rang fünf möglich.
Die Erleichterung war groß bei den deutschen Handballern nach dem 34:22 (16:13)-Sieg gegen Österreich. Sie umarmten sich, es gab Handschläge und leisen Jubel. Fast waren sie zu müde, sich richtig zu freuen, denn dieser Erfolg war ein hartes Stück Arbeit gewesen. Aber er war wichtig, schließlich waren die vorangegangenen 60 Minuten nicht irgendein Hauptrundenspiel bei dieser EM. In der Wiener Stadthalle ging es um die sichere Qualifikation für das Spiel um Platz fünf am Samstag im schwedischen Stockholm, in dem diese EM zu einem versöhnlichen Ende gebracht werden soll.
Zugleich war es der von Bob Hanning ausgerufene Charaktertest für die Mannschaft. Der Vizepräsident des Deutschen Handballbunds (DHB) hatte das Schicksal von Bundestrainer Christian Prokop in die Hände des Teams gelegt. Seine Botschaft vor dem Anwurf: „Was macht diese Mannschaft mit ihrem Trainer? Österreich in Österreich ist der beste Gegner, um diese Frage zu überprüfen.“ Zumal auch Kritik von Seiten verdienter Ex-Nationalspieler laut wurde. Der 1998er Welthandballer Daniel Stephan beispielsweise sah komplett schwarz: „Wir sind seit der WM 2019 keinen Schritt nach vorne gekommen, Prokop ist nicht der Richtige“ Klar war also: Um die aufkeimende Trainerdiskussion zu stoppen, musste ein Sieg her.
Gegner Österreich bei der Heim-EM hochmotiviert
Die Ausgangslage war allerdings eine pikante: Das deutsche Team war nach der bitteren 24:25-Niederlage gegen Kroatien und dem damit verbundenen Aus aller Halbfinal-Träume deprimiert, Gegner Österreich nach überraschend starken Auftritten bei der Heim-EM hochmotiviert. „Für die Österreicher ist es das Spiel ihres Lebens. Sie werden alles daran setzen, uns zu ärgern“, hatte Prokop gewarnt. Sein Kapitän Uwe Gensheimer hatte jedoch umgehend versichert: „Wir haben uns vorgenommen, dass wir uns in der Hauptrunde anders präsentieren wollen als in der Vorrunde. Das ist uns zwei Spiele lang gelungen und damit wollen wir fortfahren.“
Gensheimer hielt Wort, auch wenn sich der 33-Jährige und seine Mannschaftskollegen anfangs mächtig schwer taten, auch Taten folgen zu lassen. Österreich spielte erwartet motiviert auf, ging schnell durch THW-Kiel-Profi Nikola Bilyk in Führung. Das deutsche Team tat sich auf der Gegenseite schwer. Die Rückraumspieler Kai Häfner, Paul Drux und Philipp Weber fanden einfach kein Durchkommen durch die österreichische Abwehr, der eigene Defensivverbund wackelte dagegen, zu oft kamen Sebastian Frimmel und Robert Weber zu Torchancen, die der alleingelassene Torhüter Andreas Wolff nicht parierte. Er saß dann auf dem Boden, schlug wütend mit den Fäusten auf den Boden und fauchte wenig freundliche Worte in Richtung seiner Mitspieler. Nach 16 Minuten war Schluss für den wütenden Wolff, sein Team lag zu diesem Zeitpunkt 7:8 zurück und kassierte gleich den nächsten Treffer per Siebenmeter von Frimmel.
Deutsche Mannschaft steigert sich
Es war also kein perfekter Einstand für Johannes Bitter, doch mit dem Weltmeister von 2007 im Tor kam eine neue Sicherheit. Und immer wieder lange Pässe auf den schnellen rechten Flügelflitzer Timo Kastening. Dreimal flog die Kugel übers ganze Spielfeld in die Arme von Kastening, zwei der Gegenstöße schloss er erfolgreich ab. Zum Ende der ersten Halbzeit sah es sogleich auch besser aus, die deutsche Abwehr stand sicherer, der Angriff lief flüssiger und Bitter hatte sechs von neun Würfen gehalten
Ein weiterer Johannes machte ebenfalls eine gute Figur. Golla mit Nachnamen, Abwehrspezialist und Kreisläufer von Beruf. Er übernahm für den durch Knieprobleme gehemmten Patrick Wiencek und machte seine Sache vorne wie hinten gut. Zur 45. Minute war der Vorsprung auf komfortable 22:16 angewachsen, Bitter hielt weiter stark und ein Einbruch wie einst gegen Lettland und zuletzt gegen Kroatien war diesmal kaum zu erwarten, dafür spielte das Prokop-Team zu souverän. Timo Kastening war mit sechs Toren am Ende bester deutscher Torschütze, das Publikum skandierte laut „Jogi, Jogi“ nach jeder weiteren Bitter-Parade.
Mit einem bei weitem nicht perfekten, aber beherzten Spiel hatte die Mannschaft den Charaktertest also bestanden. Nun steht noch ein letztes Hauptrundenspiel an, am Mittwoch geht es gegen Tschechien (20.30 Uhr/ZDF) - und dann weiter nach Schweden zum Spiel um Platz fünf.