Dortmund. Die UEFA hat in dieser Saison die “Youth League“ eingeführt. Qualifiziert sind die Jugendmannschaften der teilnehmenden Vereine, so auch Borussia Dortmund und der FC Schalke 04. Das große Problem für die Verantwortlichen: Die Fehlzeiten für die Jugendspieler in der Schule.
Anpfiff zum letzten Heimspiel in der Vorrunde der Gruppenphase – das Rückspiel zwischen Borussia Dortmund und dem SSC Neapel am Dienstagnachmittag. Noch ist der Schauplatz jedoch nicht der Signal Iduna Park, die Akteure auf dem Platz sind vergleichsweise unbekannt und an der Seitenlinie steht kein Jürgen Klopp, der wild gestikuliert. Am Spielfeldrand im Montanhydraulik-Stadion in Holzwickede dirigiert U19-Trainer Marc-Patrick Meister seine BVB-Jugendmannschaft in der Youth League. Kein unwichtiges Spiel, denn wie am späten Abend für die Profis ist der Ausgang der Partie gegen Neapel entscheidend für den weiteren Verlauf des Turniers: Auch dort rangiert der BVB nur auf Platz drei hinter den Italienern und dem FC Arsenal aus London.
Wer in den vergangenen zwei Monaten an einem Champions-League-Spieltag einmal nachmittags durch das TV-Programm gezappt und über den Sender Eurosport gestolpert ist, wird sich vielleicht kurz gewundert haben: Läuft das Spiel nicht erst heute Abend? Schnell dürfte aber klar geworden sein, dass die Nachwuchsspieler und noch nicht die Profis am Werk sind. Seit dieser Saison findet die gleiche Spielansetzung für die jeweiligen U19-Teams statt.
Kaum Berührungspunkte zwischen Jugend und Profis
Im Dezember 2012 beschloss die Uefa, ein Jugend-Turnier zu veranstalten und ihm den Titel „Uefa Youth League“ zu gegeben. Seit Oktober dieses Jahres treten dabei die Nachwuchsspieler der qualifizierten Mannschaften an. Die Spiele werden zeitnah zur Partie der Profis angepfiffen. Während die Vorrunde wie bei den Profis in Hin- und Rückspiel ausgetragen wird, gibt es ab der K.o.-Runde nur noch eine Partie. Halbfinale und Finale werden im April 2014 in Nyon ausgetragen. "Die Spielerentwicklung soll vorangebracht und eine Brücke zwischen den Jugendmannschaften und den Profis effektiv geschlagen werden“ – so heißt es auf der Homepage der Uefa.
Ob das in der Praxis auch gelingt? Laut Felix Timpe, der bei Borussia Dortmund mit für die Organisation der Youth League verantwortlich ist, reist die Jugend beim BVB nicht mit der Profimannschaft: "Die wenigsten Mannschaften kombinieren die Auswärtsfahrten mit gemeinsamer Anreise und gemeinsamen Hotel." Trainer Marc Meister sagt dazu: "Was wir mitbekommen, sind die Abläufe. Ansonsten haben wir mit der Profimannschaft keine Berührungspunkte."
Zu Beginn des Turniers übten die teilnehmenden NRW-Vereine Kritik an der Youth League. Auch der BVB war nicht zufrieden. Am Wochenende der Alltag in der A-Junioren-Bundesliga West, unter der Woche eine dreitägige Auswärtsfahrt in der Youth League – das ist schon eine erhebliche Belastung: „Die Spieler sind natürlich total heiß auf den Wettbewerb, aber er kostet auch sehr viel Kraft, weil sie kaum zu bremsen sind," sagt Trainer Marc-Patrick Meister. Das größte Problem sehen die Verantwortlichen beim Thema Fehlzeiten in der Schule: "Wir wünschen uns einige Dinge anders. Schule ist und bleibt das Thema. Zum Beispiel waren die Jungs heute wieder nicht in der Schule, weil es ja auch einfach nicht anders geht", so der Coach.
Ähnlich ergeht es auch dem FC Schalke 04: "Sportlich ist das ein interessanter Wettbewerb, weil sich unsere Spieler international auf hohem Niveau messen können, aber es ist schon schwierig, wenn sie drei Tage in der Schule verpassen und der ganze Stoff nachgeholt werden muss," sagt Till Beckmann, Ansprechpartner für die Youth League auf Schalke.
Wettbewerb birgt seine Vor- und Nachteile
Bevor der BVB seine Teilnahme an der Youth League zusagte, mussten Gespräche geführt werden, da sich der Verein mehr Flexibilität bei der Austragung wünschte. In Abstimmung mit der gegnerischen Mannschaft kann das Spiel aber auch an einem anderen Tag in der Woche ausgetragen werden. Flexibel zeigt sich die Uefa auch bei der Aufstellung. Obwohl es in den Richtlinien heißt, dass die stärkste Mannschaft der Altersklasse auf den Platz geschickt werden solllte, darf im Notfall auch auf jüngere Spieler zurückgegriffen werden – ebenfalls mit der Voraussetzung, dass der Gegner einverstanden ist. Die Youth League befindet sich noch in der zweijährigen Testphase. Danach soll über mögliche Änderungen nachgedacht werden.
Problematisch sind vor allem die Teilnahmebedingungen: Die Jugendmannschaft ist qualifiziert, sobald das Profiteam qualifiziert ist. Nur weil die A-Mannschaft aber erfolgreich ist, gilt das nicht zwangsläufig auch für den Nachwuchs der Vereine. So kommt es zum Beispiel, dass die U19 des VfL Wolfsburg nicht am Turnier teilnimmt. Sie wurde in der vergangenen Saison immerhin A-Juniorenmeister.
Der Wettbewerb birgt für die Verantwortlichen und Spieler so seine Vor- und Nachteile. So anstrengend die Auswärtsfahrten auch sein mögen, so bekommt der Nachwuchs zumindest einen Eindruck davon, wie es Reus und Co. ergeht, wenn sie in der Königsklasse unterwegs sind: "Was gut für meine Mannschaft ist, dass wir auch auswärts die Spiele sehen können, um zu sehen wo es dann hingehen soll," meint Marc-Patrick Meister.
Das Rückspiel in Marseille entscheidet
Zurück in Holzwickede: Eine engagierte erste Halbzeit endet 0:0. Die größte Torchance hatte der BVB in der 25. Minute durch Ogün Gümüstas, der gleich zwei Mal freistehend an Neapels Torwart scheiterte. In der zweiten Hälfte wird Yidiz Cihan eingwechselt und bringt wichtige Offensiv-Impulse in das Spiel der Borussia mit. Doch der erste Treffer der Partie gelingt den Italienern - in der 53. Minute markiert Gennaro Tutino die Führung. Dieses Ergebnis würde das Aus für die BVB-Jugend bedeuten. Doch sie kämpft sich in der 75. Minute zurück. Mehmet Alp Kurt trifft im Nachschuss und wenige Minuten später verwandelt er auch nach einem Lattentreffer von Yidiz Cihan: 2:1, das Spiel ist gedreht, der Trainer zufrieden: "Eigentlich war bis jetzt jedes Spiel immer noch ein richtig guter Fight, sehr intensiv. Heute nach dem 0:1 wieder reinzukommen – das haben die Jungs gut gemacht."
Unterstützt wurden sie dabei von 520 Zuschauern im Montanhydraulik-Stadion: "Im Vergleich zur Liga wird die Youth League deutlich stärker angenommen von den Zuschauern," sagt Felix Timpe. Die meisten Fans fahren danach weiter zum Spiel der Profis. So wie Karl Wanninger, der sechs Stunden aus Süddeutschland angereist ist. Oder Julian Borgböhmer: "Es ist interessant die internationalen Jugendmannschaften und Talente zu beobachten."
Auch für sie geht es nach dem Spiel weiter zum Signal-Iduna-Park – die Youth League als Einstimmung auf den großen Fußball-Abend in der Champions League. Und sie könnte für die U19 weitergehen - wie für die Profis entscheidet sich das dann endgültig im Rückspiel in Marseille.