Berlin.. Trainer Jupp Heynckes schließt das Kapitel FC Bayern München auf die größtmögliche aller Arten ab, mit dem historischen Gewinn des Triples. Doch wie geht es weiter mit dem 68-jährigen “Spiritus Rector“ der Über-Bayern? Die Gerüchte um ein Engagement bei Reals Madrid halten sich hatnäckig.

23 Jahre ist es her, dass Josef Heynckes den Bayerns-Fans, mit der Meisterschale im Arm, auf dem Münchener Marienplatz sein Versprechen gab: „Und nächstes Jahr holen wir den Europacup.“

Jupp Heynckes ist ein Mann mit Prinzipien, er hielt Wort. Es hat eben nur etwas länger gedauert. Am gestrigen Sonntag aber stand er da, auf dem Rathausbalkon, umringt von Henkelpott, Meisterschale und DFB-Pokal. „Ich möchte hiermit mein damaliges Versprechen einlösen“, rief der 68-Jährige den Fans zu. Was für eine Dramaturgie: Nach seinem letzten Spiel als Bayern-Trainer, seinen letzten 90 Minuten „auf einer deutschen Trainerbank“ (Heynckes) vollendete er den größtmöglichen aller Triumphe. Er hatte das Gefühl schon in Berlin ausgiebig genossen, war alleine über den Rasen geschlendert wie einst Franz Beckenbauer nach dem WM-Triumph in Rom. Er hatte alle Bierduschen ohne größere Gegenwehr ertragen („Das scheiß’ Bier klebt so“) und einen für seinen ungemein kontrollierten Charakter fast enthemmten Eindruck hinterlassen.

Kitschiges Ende für Jupp Heynckes

Es war der passende Epilog einer Trainerlaufbahn, die nun, auf den letzten Metern, eine ungeahnte Wertschätzung erfährt. Es ist ja nicht so, dass Jupp Heynckes Zeit seiner Karriere stets und überall verehrt wurde.

Der 68-Jährgie galt lange als fleißiger, nüchterner, ab und an leicht ehrpusseliger Mann, der ein Weltklassespieler war; als Trainer aber, der er 1979 im Alter von nur 34 Jahren wurde, nach seinem ersten Titel mit den Bayern 1990 alsbald entlassen wurde. Und es wäre Geschichtsklitterung zu behaupten, Jupp Heynckes sei anschließend das leuchtende, verehrte Objekt des Trainerwesens gewesen.

Heynckes verschwand in Spanien, wurde zu „Don Jupp“, dabei wurden seine Erfolge in jeder Zeit eher beiläufig zur Kenntnis genommen. Spanien war noch sehr weit weg und sein Ausflüge zurück auf deutsche Trainerbänke endeten mehr oder minder allesamt erfolglos (Frankfurt, Schalke, Gladbach).

Erst Rudi Völler gab Jupp Heynckes bei Bayer Leverkusen die Gelegenheit zu einer späten Imagekorrektur. Die Bundesliga erlebte ab 2009 einen veränderten Heynckes, der nicht weniger verbissen, ja besessen arbeitete und selbst die kleinsten Kleinigkeiten regelte, aber im Umgang plötzlich weitaus offener, zugänglicher wirkte. Und man weiß nicht so recht, ob sich am Ende Jupp Heynckes so verändert hat – oder doch nur der Blick auf ihn als Coach wie als Mensch. Nun zumindest gilt der 68-Jährige plötzlich als einer der begehrtesten Trainer der Welt, als hochmodern – und Heynckes, so viel Eitelkeit darf man auch ihm zuschreiben, genießt die ungewohnte Wertschätzung.

Er war hochgradig enttäuscht, als die Bayern zum Jahreswechsel ohne Rücksprache mit ihm den Deal mit Star-Trainer Pep Guardiola glatt zogen – und sich zudem erdreisteten, das Ende des Trainerkarriere von Jupp Heynckes zu verkünden. Es hat ihn verletzt; doch er hat auf seine Art reagiert: mit noch mehr Engagement, noch mehr Akribie. Und Erfolg .

Heyckes auf den Spuren eines Helmut Schmidt

Nun genießt es der 68-Jährige, die Frage seiner Zukunft als Rätsel zu inszenieren. Seine Ankündigung, sich am Abend des Pokalfinales zu seiner Zukunft zu äußern („Wenn ich gut drauf bin“), ließ er trotz erkennbar stabiler Laune einfach wieder fallen – und kündigte statt dessen für Dienstag eine „Abschlusspressekonferenz“ an. Hört er auf? Geht er doch zu Real Madrid? Eigentlich vermag sich das niemand vorstellen. Zu perfekt, ja, schon fast kitschig, schwülstig wäre es, als „Legende“ abzutreten, wie er nun allerorten gewürdigt wird, als „Spiritus Rector“ (Uli Hoeneß) dieses historischen Erfolgs.

Er hat die Mannschaft nach dem letzten Liga-Spiel bei seinem Heimatklub Mönchengladbach auf sein Landgut in Fischeln eingeladen – es wirkte wie eine letzte große Geste: Seht her Jungs, hier werde ich jetzt mein Leben genießen. Und nun? Kennt inzwischen jeder einen, der einen aus der Bayern-Elf kennt, der sicher weiß, dass Heynckes doch zu Real Madrid geht. Längst habe sich alle Gerüchte und Spekulationen, Deutungen verselbstständigt. Es ist schon irrwitzig, das Jupp Heynckes plötzlich in der Fußball-Welt (und nicht nur da) einen Rang eingenommen hat, der der dem des Altkanzlers Helmut Schmidt nicht unähnlich ist.

Und nicht wenige flüstern, raunen ihm bang’ zu: „Jupp, hör’ auf. Einen besseren Abgang wirst du nie bekommen.“ Doch das Schöne an Jupp Heynckes ist: Er hat immer nur auf sich selbst gehört.