Essen. Der Spielabbruch in Paris zeigt: Das Bewusstsein, Rassismus Einhalt zu bieten, wächst. Aber es ist noch ein langer Weg. Ein Kommentar.
Wie nötig Kampagnen gegen Rassismus sind, lässt sich mit Zahlen schwer belegen. Aber es gibt Abende wie diesen in Paris, an denen die Menschen daran erinnert werden: Es können nicht genug sein. Er habe das Wort „negru“ (der Schwarze) und nicht das N-Wort benutzt, beteuerte der Schiedsrichter-Assistent. Als ob es in rassistischer Sprache Abstufungen gibt.
Es gibt keinen Rassismus ohne Sprache. Es gibt keinen Nicht-so-schlimmen-Rassismus, bei dem das Gesagte gar nicht so gemeint und womöglich missverstanden werden kann. Der jüdische Schriftsteller Victor Klemperer, der sich mit der Sprache der Nazis beschäftigte, hat es so ausgedrückt: „Worte können sein wie winzige Arsendosen: Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“
Rassismus schleicht sich in den Alltag ein
Rassismus ist mehr als Springerstiefel und Glatze. Die Ausgrenzung und Abgrenzung von Menschen kann allgegenwärtig sein, wenn es sich in die Tagesroutine eingeschlichen hat, Menschen nach ihrer Herkunft zu kategorisieren. Wer nicht betroffen ist, nimmt Sätze wie diese womöglich nicht als Diskriminierung wahr: Asiatische Schüler sind doch immer so fleißig! Südeuropäer kommen ja gerne mal zehn Minuten später! Sie können aber gut Deutsch! Sie auch, möchte man antworten.
Demba Ba, der Spieler von Paris Saint-Germain, brachte es im Stadion auf den Punkt. Er konfrontierte den Vierten Offiziellen mit dessen Wortwahl und fragte: „Wenn du über einen weißen Typen sprichst, sagst du niemals ,dieser weiße Typ’, du sagst nur ,dieser Typ’. Wenn du also über einen schwarzen Typen redest, sagst du ,dieser schwarze Typ'?“ Um dieses Gift geht es.
Starke Geste auf der Bühne der Champions League
Dass ausgerechnet ein Uefa-Offizieller, der eigentlich rassistische Verfehlungen ahnden soll, inmitten des Vorfalls steht, zeigt den langen Weg, der in vielen Bereichen der Gesellschaft noch zurückzulegen ist. Widerstand gegen Menschenverachtung zu leisten, indem beide Mannschaften geschlossen vom Platz gehen und den Spielabbruch in Kauf nehmen, ist ein Zeichen von Solidarität. Und für diese starke Geste war die Königsklasse eine der besten Bühnen, die es gibt. Applaus.