Marbella. Bundestrainer Flick verordnet seinen Spielern vor den Nations-League-Spielen im Juni ein Regenerationstrainingslager in Marbella.

Die Straße schlängelt sich den Berg hinauf, Palmen ruhen in der Sonne, oben wartet das Hotel in Marbella, in dem die deutsche Nationalmannschaft bis Freitag Arbeit und Urlaub verbinden wird. Von außen scheint die Unterkunft in die Jahre gekommen zu sein, die vergilbten Wände erinnern eher an Pauschaltourismus als an Glamour. Im Innern befindet sich dafür eine Wasserlandschaft, direkt gegenüber lockt ein Golfplatz, das Mittelmeer erreicht man mit dem Auto in zwanzig Minuten. 

Trainingslager im Sehnsuchtsort des deutschen Profifußballs

Hansi Flick erscheint am Montagnachmittag, eigentlich wollte der Bundestrainer eher anreisen, nur hatte sein Flug aus Frankfurt Verspätung. Zügig verschwindet er daher durch die Eingangspforte. Die Spieler sollen sich spätestens bis zum Abend in Marbella einfinden, das schon lange ein Sehnsuchtsort des deutschen Profifußballs ist. Im Winter, wenn die Klubs vor den eisigen Temperaturen flüchten, bereiten sich viele Vereine auf die Rückrunde im Süden Spaniens vor. Zuletzt verhinderte allerdings die Corona-Pandemie diese Ausflüge. 

Blick auf die Poollandschaft des Mannschaftshotels der Nationalmannschaft in Marbella.
Blick auf die Poollandschaft des Mannschaftshotels der Nationalmannschaft in Marbella. © dpa | Unbekannt

Jetzt hat Hansi Flick den Ort für eine Reise ausgewählt, auf der vor allem die Mannschaft enger zusammenrücken soll. Nur vormittags werden sich die Profis auf den Fußballplatz begeben, nachmittags dürfen sich die Spieler durchaus wie Urlauber fühlen, die Familien können mit im Hotel übernachten. Und die Sonne besitzt im Mai noch mal deutlich mehr Kraft als im Januar, wenn der deutsche Spitzenfußball die Küste normalerweise besucht. 

Flick spendiert den Spielern viel Freizeit

Auf dem Platz wolle man „den Fokus aufs Training und auf positionsspezifische Dinge legen“, sagt der Bundestrainer. „Nachmittags können die Spieler relaxen und runterfahren und haben freie Zeit zur Verfügung.“ Nach zwei freien Wochen wäre es, so der 57-Jährige, jedoch nicht professionell gewesen, sich erst vier Tage vor den Nations-League-Spielen zu treffen und „dann sollen die Spieler plötzlich Leistung abrufen, das wäre nicht seriös“.

Denn für Flick beginnen nun bedeutsame Wochen, noch nie in seiner Amtszeit konnte er so lange gemeinsam mit Deutschlands besten Fußballern arbeiten. Nach dem Spanien-Aufenthalt in dieser Woche zieht die Mannschaft ab dem kommenden Montag ins Quartier von Ausrüster Adidas in Herzogenaurach, um sich vorzubereiten auf die Pflichtspiele gegen Europameister Italien (4./14. Juni), EM-Finalist England (7. Juni) und Ungarn (11. Juni). Partien, die Hinweise auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit der deutschen Elf geben werden.

„Wir haben schon die Weltspitze im Blick"

Bislang überzeugte die Auswahl, seit sie Hansi Flick im August 2021 übernommen hat. Aufgaben stellen sich trotzdem genug. Erstens muss der ehemalige Bayern-Trainer der Mannschaft seine Spielidee weiter vermitteln, ihm schwebt ein aggressiver, mutiger Fußball vor. Er muss zweitens einen Weg finden, die leichte Euphorie, die seit dem Ende der Amtszeit von Joachim Löw entstanden ist, zu erhalten. Und er muss drittens mit Problemfällen wie Leroy Sané umgehen, der in der Rückrunde beim FC Bayern enttäuschte und trotzdem wichtig sein soll bei der Winter-WM.

„Wir haben schon die Weltspitze im Blick und wollen alles dafür tun, dass wir konsequent weiter den Weg gehen“, sagt Flick. Am 17. November wird der DFB das „Zulal Wellness Resort“ im Norden von Katar beziehen, sechs Tage vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan.   

Fest steht, dass der Kader für die kommenden Wochen so ähnlich auch für das Turnier in Katar zusammengestellt werden könnte. Nur Torhüter Marc-André ter Stegen (30, FC Barcelona) und Florian Wirtz (19, Bayer Leverkusen) fehlen. Bayerns Joshua Kimmich wird sich erstmals seit der Debatte um seinen Impfstatus wieder im Kreis des Deutschen Fußball-Bundes bewegen. Ilkay Gündogan darf nach dem Gewinn des englischen Meistertitels mit Manchester City erst am Dienstag anreisen. 

Alle werden vormittags über eine kurvige Straße herunter zum „Marbella Football Center“ fahren.  Auf der benachbarten Autobahnbrücke rattern Autos, von irgendwoher bellt ein Hund. Der Rasen wird am Montag noch gemäht, einige Deutschland-Flaggen sind bereits gehisst. In dieser Oase für Fußballer schwitzt derzeit ein Bekannter aus der Bundesliga. Erling Haaland bereitet sich hier alleine auf die Nations League mit Norwegen und seine neue Aufgabe bei Manchester City vor, die auf seine Zeit bei Borussia Dortmund folgt. Auch der Norweger scheint Urlaub und Arbeit zu verbinden.