München. Deutschland gewinnt mit 4:2 gegen Portugal und zeigt ein anderes Gesicht. Das Löw-Team kann sich aber noch steigern. Ein Kommentar.

Die Abgesänge waren längst geschrieben. Joachim Löws Zeit sei vorbei, hieß es nach dem 0:1 gegen Frankreich. Diese deutsche Mannschaft sei auf dem Platz weniger als die Summe ihrer doch so hochwertigen Teile. Der Trainer schaffe es nicht, seiner Auswahl eine stimmige Spielidee zu vermitteln, außerdem sei die Dreierkette das falsche System und die Auswahl der Startelf auch nicht die richtige.

Natürlich ist es Unsinn, das alles aus einem Spiel herzuleiten – wobei in Sachen Bundestrainer noch das WM-Vorrundenaus 2018, das 0:6 gegen Spanien und das 1:2 gegen Nordmazedonien strafverschärfend hinzukamen.

DFB-Elf hat eine beeindruckende Reaktion gezeigt

Und natürlich wäre es genauso großer Unsinn, nach dem hochverdienten 4:2-Sieg gegen Portugal, nun Löw von jeder Kritik freizusprechen, alles in den Himmel zu loben und die deutsche Mannschaft, die eben noch rettungslos verloren schien, zum großen Turnierfavoriten zu erklären. Ohne Übertreibung aber lässt sich festhalten: Die deutsche Mannschaft hat eine beeindruckende Reaktion gezeigt, sowohl auf das 0:1 gegen Frankreich wie auch auf den frühen Rückstand gegen Portugal.

Der Titelverteidiger war an diesem Samstagnachmittag in München zwar seltsam uninspiriert und konfus in seinem Spiel, dazu passiv gegen den Ball. Auch das gehört zur Wahrheit, der Sieg war nicht nur deutscher Brillanz geschuldet. Andererseits muss man die Lücken, die der Gegner einem bietet, auch erstmal so ausnutzen, wie es die DFB-Auswahl tat.

Wie es für das deutsche Team noch weit gehen kann

Die Änderungen, die Löw angemahnt hatte, setzte die Mannschaft um, sie spielte mutig und stringent – und bewies, dass es auch mit der Dreierkette funktionieren kann. Sie zeigte aber nach wie vor auch Luft nach oben: Die Abwehr von Standards muss noch immer deutlich besser werden, man selbst mit ruhigem Ball gefährlicher, bei Kontern präziser und hin und wieder rutscht der Schlendrian ins Spiel. Wird all das korrigiert und wird das Gruppenfinale gegen Ungarn mit dem nötigen Ernst angegangen – dann kann es für diese deutsche Mannschaft bei diesem Turnier noch weit gehen.