Essen. Der Essener Tennisprofi Oscar Otte hat ein fulminantes Jahr hingelegt. Vor den French Open zeigt er sich selbstbewusst und hofft auf die Top 16.
Wenn Oscar Otte aufschlägt, dann staubt es mächtig. Der 1,93-Meter große Schlaks hinterlässt nicht nur eindrückliche Spuren im Sand des Centre Courts, sondern auch in der Tennis-Weltrangliste. Der Essener Tennisprofi vom TC Bredeney hat im vergangenen Jahr einen steilen Aufstieg hingelegt und das im nicht mehr ganz so jugendlichen Alter von 28 Jahren.
Jetzt will er seine Erfolgsserie auch bei den am Sonntag beginnenden French Open in Paris fortsetzen und zeigt sich vor dem Start des zweiten Grand-Slam-Turniers des Jahres selbstbewusst. „Die letzten 16 sind möglich. Auch physisch habe ich zwei Wochen Best-of-Five im Tank“, sagt Oscar Otte im Gespräch mit dieser Redaktion.
Dass er gut drauf ist, bewies der Essener bei der derzeit in Lyon laufenden Generalprobe für die French Open. Dort schaffte er den Sprung ins Achtelfinale, musste sich am Dienstag aber nach umkämpften drei Sätzen (7:5, 4:6, 2:6) dem Argentinier Sebastian Baez (ATP 38) geschlagen geben. Kein Beinbruch für Oscar Otte.
Zweitbester Deutscher im ATP-Ranking
Vor einem Jahr noch wäre das Achtelfinale für Oscar Otte schon ein großer Erfolg gewesen. Stand er damals auf Weltranglistenposition 161, ist er jetzt, zwölf Monate später, 101 Ränge höher platziert, hat bei den vergangenen Grand Slams auf sich aufmerksam gemacht und rückte kürzlich beim ATP-Turnier in München in den Fokus der Öffentlichkeit, als Top-Favorit Alexander Zverev früh scheiterte. „Die Zeit in München war sehr schön, aber auch anstrengend. Für mich war es das erste ATP-Turnier in Deutschland“, sagt Oscar Otte. „Plötzlich war ich als einziger Deutscher noch drin. Dann gab es natürlich viel Trubel um einen. Und ich habe auch ziemlich gut gespielt“, sagt er unaufgeregt und stolz.
Was er nach dem Einzug in die Vorschlussrunde auch sein konnte, schließlich kratzte er nach dem Erfolg an den Top-50 der Welt, wurde nach Zverev als zweitbester Deutscher (53.) im ATP-Ranking gelistet. „Danach habe ich gemerkt, dass ich erstmal wieder runterkommen, etwas in der Realität ankommen muss“, erinnert sich der gebürtige Kölner.
Oscar Otte wohnt in Essen und trainiert in Mülheim
Und das geht natürlich am besten zu Hause. „Ich wohne jetzt seit eineinhalb Jahren in Essen zusammen mit meiner Freundin und meinem Hund Hank. Ich fühle mich hier total wohl“, erzählt Oscar Otte, der seit 2018 in Mülheim in der Tennis-Akademie von Peter und Heiner Moraing trainiert. „Das Umfeld dort passt einfach. Es ist alles sehr familiär.“
Mats und Oscar Moraing, die Söhne der beiden Coaches, zählen zu Oscar Ottes Trainingsgruppe. „Und ich bin schon länger mit Emma, der Tochter von Peter Moraing zusammen, schon bevor ich dort angefangen habe, zu trainieren“, verrät er. „Es ist unheimlich wichtig, ein gutes Team um sich zu haben. In guten und in schlechten Zeiten“, sagt Oscar Otte lachend.
Achtbare Auftritte gegen Alexander Zverev und Andy Murray
Die nächsten guten Zeiten sollen jetzt also bei den French Open kommen, bei denen der 28-Jährige bereits 2021 auf sich aufmerksam machte und in der erste Runde Alexander Zverev in fünf umkämpften Sätzen die Stirn bot. Auch in Wimbledon brachte er Andy Murray an den Rand einer Niederlage, musste sich dann aber ebenfalls in fünf Sätzen geschlagen geben.
Es war der Startschuss für ein fulminantes Jahr. „Früher haben mich oft Verletzungen gestoppt. Ich mache jetzt deutlich mehr Athletik-Training. Das zahlt sich aus.“, erklärt Oscar Otte. „Die Matches letztes Jahr gegen Zverev und Murray, haben mir nochmal richtig geholfen.“ Dann machte es bei den US Open, richtig ‚klick‘. Oscar Otte spielte sich von der Qualifikation bis ins Achtelfinale und tankte ordentlich Selbstvertrauen. Zum Jahresabschluss katapultierte er sich auf Position 101 und schaffte damit erstmals die direkte Qualifikation für das Hauptfeld der Australian Open.
Auch für die Davis-Cup-Auswahl weit oben auf dem Zettel
Auch jetzt steht Oscar Otte wieder im Hauptfeld und will wieder richtig weit kommen. „Klar, wenn man da dann direkt einen Nadal bekommt, dann wird’s natürlich schwierig“, weiß Oscar Otte, der sich aber in guter Verfassung fühlt. „Wenn man sich erstmal in so ein Turnier reingespielt hat, dann ist das Ziel schon die zweite Woche.“ In den Kreis der letzten 16 vorzustoßen, das hält er schon für möglich, „wenn‘s gut läuft“, sagt er.
Dass Oscar Otte „im vergangenen halben Jahr konstant gute Leistungen“ gezeigt hat, ist auch Michael Kohlmann nicht entgangen. Der Teamchef der deutschen Davis-Cup-Mannschaft dürfte ihn für den Ländervergleich in Hamburg im September gegen Frankreich, Belgien und Australien weit oben auf dem Zettel haben.