Barcelona. Der zweimalige Champion fährt wieder in der Königsklasse des Motorsports. Doch der Weg zurück an die Spitze ist weit.
Fernando Alonso hat Großes vor beim Großen Preis von Spanien. Natürlich, sonst wäre er in dieser Saison auch nicht zurückgekehrt in die Formel 1, im zarten Alter von 39 Jahren. Doch für das Heimspiel, das nur 1000 auserwählte Zuschauer am Circuit de Catalunya sehen dürfen, will der Renault-Werksfahrer mit dem Alpine-Team eins: „Die Wahrheit finden." Gemeint ist: nach seinem überraschenden achten Platz vergangenes Wochenende in Portugal will er bestätigt bekommen, dass er auf dem richtigen Weg ist nach oben. Und vielleicht, mit dem neuen Reglement 2022, doch noch eine klitzekleine Chance besteht, einen dritten Weltmeistertitel zu holen.
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Dem Mann, der den Stolz in der Königsklasse neu definiert hat, geht es bei seinem Comeback ganz ähnlich wie Sebastian Vettel, nur bislang auf leicht höherem Niveau. „Ich muss mein Auto erst verstehen lernen", sagt der Wieder-Einsteiger, „ich sehe dabei den Fortschritt. Aber ich kann mehr, als ich bisher gezeigt habe." Drei Rennen, zweimal in den Punkten, ein Ausfall. Ganz ordentlich, aber nicht für einen, der vom Renault-Chef Luca de Meo ausdrücklich zurückgeholt wurde, um „den Paten" zu spielen: also so viel Richtung vorgeben und Unruhe stiften, dass es endlich wieder was wird in der Formel 1 mit den Franzosen.
Fernando Alonso war ein Rivale von Michael Schumacher
Die hatten ihre beste Zeit nach der Jahrtausendwerde, mit dem jungen Alonso, der sogar Michael Schumachers übermächtigen Ferrari-Rennstall in die Knie zwingen konnte. Danach auf beiden Seiten viele vielversprechende Neuanfänge, aber nie das große Glück. Zum dritten Mal ist Alonso jetzt wieder bei Renault, es ist sein siebtes Team insgesamt seit dem ersten Grand-Prix-Start 2001 mit Minardi. Beinahe geläutert spricht er davon, einen Schritt nach dem anderen machen zu wollen. Aber das kann ein Ehrgeizling wie er kaum ernst meinen. „Das Momentum behalten", „etwas aus dem Spirit machen", „am Sonntag wieder liefern", das klingt schon mehr nach ihm, dem Sohn eines Sprengmeisters.
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Hochbezahlter Störenfried, kein so schlechter Job, wenn einem die eigene Leidenschaft ohnehin keine Wahl lässt. Er hat Le Mans und die Sportwagen-WM gewonnen in einem weit überlegenen Auto, das war gut fürs Ego. In Indianapolis ist er gescheitert, das kann passieren. Nichts war es also mit dem begehrten Triple des Motorsports, das ihn fast einmalig gemacht hätte. Auch die Rallye Dakar kann er irgendwann immer noch mal gewinnen. Aber jetzt ist da gerade immer noch so viel an unerfüllter Sucht, an nicht ausgenutzter Energie. Nicht mal ein Kieferbruch nach einem Fahrradunfall im Februar konnte ihn stoppen. Also zurück ins große Haifischbecken. „Von zehn möglichen Punkten würde ich mir für mein Comeback bisher fünf geben", sagt der Asturier vor dem 18. Heimrennen seiner Karriere. Zwölfter ist er im aktuellen WM-Klassement, aber das hat noch nicht viel zu sagen.
Bei Ferrari und McLaren gescheitert
Der Alonso, der der Formel 1 nach gescheiterten Titelanläufen mit Ferrari und McLaren den Rücken gekehrt hat, der über den Boxenfunk gegen viele pöbelte, auch gegen seine Arbeitgeber, zeigt sich generell etwas zahmer: „Die Formel 1 ist heute wieder die Rennserie auf der Welt, die die beste Show liefert und den stärksten Wettbewerb bietet – deshalb bleibt sie für mich eine Herausforderung." Was sportlich gilt, gilt auch wirtschaftlich, was für einen Spitzenverdiener immer ein Grund ist. Vor allem gilt dieser Glanz trotz der Pandemie. Der gereifte Alonso hat das kapiert.
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Auch wenn da am Anfang gleich wieder die Kontroverse stand. Aus einem Interview mit der ehrwürdigen BBC wurde zu Saisonbeginn das Alonso-Zitat überliefert, dass er sich nicht nur für so gut halte wie Lewis Hamilton oder Max Verstappen, sondern für besser. Da hatte er sie, seine Schlagzeilen, da hatte die Formel 1 ihren Herausforderer. Und dann sollte alles ein Missverständnis sein, die Verwechslung zweier englischer Wörter. Damals sei er besser gewesen, das habe er gemeint. Die schnelle Korrektur durch Alonso kann aber einen generellen Eindruck nicht widerlegen: natürlich ist sein Selbstvertrauen noch so intakt wie zu seinen Hoch-Zeiten, aus denen 32 Siege und 22 Pole-Positionen resultierten. Es war unmissverständlich die Botschaft: Leute, unterschätzt mich nicht.
Nun kämpft Alonso im Mittelfeld gegen Vettel
Der Kampf im Mittelfeld – wieder liegt der Vergleich zu Vettel im Aston Martin nah – ist so hart wie nie in dieser Saison. Das Feld liegt eng beisammen. Noch ist die Red-Bull-Schwester Alpha Tauri der Gradmesser, aber im Prinzip orientieren sich Alonso und Alpine schon an Ferrari und McLaren. Es sind Kleinigkeiten wie der neue Unterboden am Rennwagen, die eine große Wirkung haben. Die Aufholjagd hat schon begonnen, und der Fahrer beginnt Vertrauen zu fassen, in den Rennwagen und in sich selbst – in Portimao überholte er Landsmann Carlos Sainz im Ferrari, fuhr am Ende fast so schnell wie die Spitze. Sein 13. Startplatz jedoch sei inakzeptabel gewesen: „Das Auto war gut, ich nicht. Ich muss mich besser anpassen. So etwas kann ich mir nicht nochmal erlauben."
Nanu, das sind von ihm gänzlich ungewohnte Töne. Aber diese Unzufriedenheit hat ihn schließlich zu der erfolgreichen Aufholjagd getrieben, bei der er zwischendrin frech am Kommandostand fragte: „Wer ist der Nächste?" Der 15 Jahre jüngere Teamkollege Esteban Ocon belegte im gleichen Rennen vor ihm den siebten Rang. Es ist der Anfang eines Experimentes, bei dem am Saisonende wieder eine große Frage steht: Olé oder ade.