Essen. Thomas Tuchel ist der Mann für den schnellen Erfolg, der heute mit Chelsea gegen Man City die Champions League gewinnen kann. Ein Kommentar.

Wenn ein Trainer im Profifußball als unnahbar und kompliziert im Umgang gilt, ist es nie ein Vorteil, dass einer der unmittelbaren Vorgänger das genaue Gegenteil davon war: also ein Liebling der Massen. Der Vergleich fällt dadurch immer extremer und auch ein Stück unfairer aus. So ehrgeizig Thomas Tuchel bei der Arbeit auf dem Rasen ist, so gleich wird es dem 47 Jahre alten Schwaben sein, dass er bei drei seiner vier Stationen exakt so eine Situation vorfand: In Mainz und beim BVB waren vor ihm Jürgen Klopp die Herzen der Fans zugeflogen, bei Chelsea genoss dies zuletzt Klubidol Frank Lampard ebenso. Tuchel hat nie einen Titel für Empathie gewonnen und wird das auch nicht an der Stamford Bridge nachholen: Chelseas Triumph über den FC Bayern 2012 im Finale Dahoam verortete er jüngst in der Nähe eines Diebstahls.

Tuchel hat sich bei den Topklubs BVB, PSG und Chelsea beweisen können

Zum Spitzenfußball gehört so sicher wie überzogene Gehälter und die Gier nach Titeln auch Folklore; der Wunsch, dass nicht alles Erhaltenswerte vergangener Tage dem Turbokapitalismus zum Opfer fällt. Thomas Tuchel ist nur niemand, der solche Schwärmereien, auch: Träumereien fördert. Er vollbringt, wofür er angestellt wird: Spieler und Teams besser zu machen.

Seinen Erfolg dabei mag man nun auch damit vor allem in Verbindung bringen, dass Tuchels letzter (Paris St.-Germain) und aktueller Arbeitgeber (FC Chelsea) über wirtschaftliche Bedingungen verfügen wie Onkel Dagobert in seinem Geldspeicher. Ja, es sind Klubs, bei denen Millionen keine Rolle spielen. Aber macht dies die Aufgabe leichter, vor teils beratungsresistenten Diven zu sprechen und denen etwas beibringen zu wollen, die glauben, eh schon alles zu wissen und zu können?

Tuchel ist auch in Chelsea ein Mann für den schnellen Erfolg

Vielleicht liegt auch in dem Potenzial, anzuecken und schnell unzufrieden werden zu können, der Grund, warum Tuchel vermutlich nie eine echte Ära bei einem Verein prägen wird. Trotzdem ist er der erste Trainer, der nun in aufeinander folgenden Jahren mit zwei verschiedenen Klubs das Finale der Champions League erreicht hat. Selbst wenn er den Henkelpott heute nicht gewinnen sollte, ist er einer der Besten seines Fachs weltweit. Darüber sollte es wohl keinen Dissens geben.