München. Sportlich ging es beim FC Bayern 2020 kaum besser. Das Jahr 2021 wird ein Jahr der Umbrüche. Dennoch sind die Ansprüche in München hoch.

Das alte Jahr ist noch nicht richtig verarbeitet, da beginnt für den FC Bayern München schon das neue. Am Dienstag startete der deutsche Fußball-Rekordmeister mit Corona-Testungen und Cyber-Übungen wieder ins Training, an diesem Mittwoch finden die ersten Übungen auf dem Rasen statt.

Kurz vorm Trainingsauftakt heimste der FC Bayern schnell noch ein paar weitere Preise  ein. Der Weltfußballer Robert Lewandowski jettete sogar extra nach Dubai, um bei den „Globe Soccer Awards“ die Trophäe als „Player of the Year“ in Empfang zu nehmen. Hansi Flick wurde dort zum „Trainer des Jahres“ gekürt. Eine Auszeichnung, die ihm bei der Fifa durch die Wahl von Jürgen Klopp zum Welttrainer noch verwehrt geblieben war. Dafür ernannte das Fachmagazin kicker Flick nun zur „Persönlichkeit des Jahres“. Trainer des Jahres war der 55-Jährige zuvor in Deutschland und Europa geworden.

Ein sportliche "magisches Jahr 2020" für den FC Bayern

Abgesehen vom Welttrainer müssten die Titel, die die Münchener in 2020 nicht abgeräumt haben, wohl erst noch erfunden werden. „Wenn man sich ein Drehbuch in Hollywood, weil da geht ja immer alles gut aus, vorstellen müsste, dann läuft es auch so“, befand Thomas Müller nach dem letzten Spiel im sportlich für die Bayern „magischen“ 2020. Also nach der Rückkehr an die Tabellenspitze durch den 2:1-Sieg in letzter Minute in Leverkusen, trotz des siebten Liga-Rückstands in Serie.

Manuel Neuer lobt den Zusammenhalt in der Mannschaft

Die jüngsten Dellen lassen erahnen, dass es in 2021 ein sehr schwieriges Unterfangen werden dürfte, alle Erfolge zu bestätigen. Also jene fünf Titel, die Flick und seine Mannschaft in Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League und den beiden Supercups gewonnen haben. Wenn es besonders gut laufen sollte, könnten die Bayern ihr maximal erfolgreiches 2020 in 2021 aber sogar toppen. Im Februar steht in Katar ja jene Klub-WM an, die wegen der Corona-Pandemie ins neue Jahr verschoben wurde. Holen die Münchener auch dort den Titel, wäre es nachträglich der sechste für ihr sportlich herausragendes 2020. Es wäre zudem das zweite Mal nach dem FC Barcelona 2009, dass ein Verein alle großen Titel eines Jahres einheimst. „Diese Chance wollen wir wahrnehmen“, sagte Kapitän Manuel Neuer im Klub-Magazin 51. Für den Nationaltorhüter spricht dafür auch der Mannschaftsgeist. Er habe „so einen Zusammenhalt noch nie erlebt“, sagte der 34-Jährige.

35 Spiele in 147 Tagen bis zum Champions League in Istanbul

Das ist das Kuriose an diesem Trainingsauftakt zwischen Weihnachten und Silvester: Die Bayern bewegen sich gerade auch im übertragenen Sinne zwischen den Jahren. Sie sind dabei, Ausgefallenes nachzuholen und zugleich Künftiges anzugehen. Für Karl-Heinz Rummenigge ergeben sich daraus ein Status quo und ein Auftrag. „Wir sind jetzt in allen Bereichen weltweit die Nummer eins, und diese Position wollen wir verteidigen und ausbauen“, ließ der Vorstandsvorsitzende wissen. Schon das Verteidigen dürfte allerdings knifflig werden. Bis zum geplanten Finale der Champions League in Istanbul am 29. Mai stünden bestenfalls aus Sicht der Bayern 35 Spiele in 147 Tagen auf der prall gefüllten Agenda – nach einem strapaziösen 2020 und einer Weihnachtpause, die kaum lang genug fürs Verdauen der Festtagsbraten war. Sind die Münchner in allen Wettbewerben bis zum Ende dabei, werden sie im Schnitt alle 4,2 Tage ein Spiel absolvieren, angefangen mit ihrem Ligaauftakt am 3. Januar gegen Mainz. Und nicht nur Müller hat festgestellt: „Bei uns stimmt der Einsatz wirklich sehr, aber die Ausführung hat vor allem in den letzten ein, zwei Monaten schon des Öfteren ein bisschen geschwächelt.“ Seine Folgerung, um den wie immer maximalen Ansprüchen im Dauerstress gerecht werden zu können: „Wir müssen uns in einigen Bereichen deutlich verbessern.“  

Sorgen um die wirtschaftliche Bilanz im Jahr 2021

In China beginnt bald das Jahr des Büffels, ein naher Verwandter des Bullen, der an der Börse für den Aufschwung steht. Für die Bayern wird es, wenn man so will, wohl eher ein Jahr des Aufschwundes. Aufwärtsgehen dürfte es durch die Impfungen ja nach und nach in der Corona-Pandemie und damit auch für die Fußball-Klubs, die vom Frühjahr an auf eine langsame Rückkehr der Zuschauer hoffen. Schwund wird es dennoch geben, gerade auch bei den Bayern. Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen konnte zuletzt zwar noch eine positive Bilanz fürs Geschäftsjahr 2019/20 präsentieren, obwohl dieses bereits teilweise von den Corona-Einbußen gekennzeichnet war. Das kommende Geschäftsjahr aber werde „deutlich stärker betroffen sein. Denn wenn wir nun die komplette Saison ohne Zuschauer spielen müssen, reden wir von Umsatzeinschlägen im Konzern von eher 150 Millionen als 100 Millionen Euro, das sind 20 Prozent des Umsatzes“, sagte Dreesen zuletzt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir werden im nächsten Sommer mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die Transfers tätigen können, die vor der Corona-Zeit noch möglich waren“, ergänzte Rummenigge in der Abendzeitung.

Personelle Einschnitte auf dem Platz, Wechsel an der Spitze

Schwund wird es auch personell geben, und es wird spannend zu beobachten sein, wie sich das neben der enormen Belastung auswirken wird. Mit einem Verbleib von Abwehrchef David Alaba über Mai hinaus rechnen die Münchner längst nicht mehr. Zuletzt hieß es in Medienberichten aus England und Spanien, Real Madrid wolle die Gehaltsforderungen des ablösefreien Österreichers erfüllen. In Kürze darf er offiziell verhandeln. Zudem wird damit gerechnet, dass sich Javier Martínez nach dieser Saison endgültig verabschiedet, wahrscheinlich auch Leihspieler Douglas Costa und womöglich Jérôme Boateng. Vor allem aber wird Rummenigge Ende 2021 seinen Ausstand geben und Oliver Kahn ihn beerben. Der nächste große Einschnitt nach der Ämterübergabe von Uli Hoeneß an Herbert Hainer als Präsident und Aufsichtsratschef 2019 fällt durch den Rückzug des langjährigen AG-Chefs bereits in die kommende Saison. Für Rummenigge, dann 66 Jahre alt, „ein guter Moment, um loszulassen“. Vor allem, wenn er Ende 2021 erneut auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurückblicken können sollte.