Essen. Die Verantwortlichen des FC Kaiserslautern haben Torwart-Legende Gerry Ehrmann vor die Tür gesetzt: Was dabei schief gelaufen ist. Eine Kolumne.

Schalker kennen diese TV-Bilder: Wie Charly Neumann einen hemmungslos heulenden Fan an seine breite Brust drückt und ihn mit den Worten „Wir steigen wieder auf“ zu trösten versucht. Auch dafür fühlte sich Charly Neumann zuständig. Offiziell war er Mannschaftsbetreuer, aber die Menschen sahen in ihm mehr als das: Charly verkörperte die Schalker Seele. Ein Original mit großer Klappe und ebenso großem Herzen. 2008 verstarb er, 2006 war bereits eine Brücke an der Arena nach ihm benannt worden.

Kult: Ein Bayer im Hohen Norden

Hermann Rieger aus Mittenwald war Skitrainer. Bekannt aber wurde der Bayer im Norden – als Masseur beim Hamburger SV. 26 Jahre lang kümmerte er sich nicht nur um das körperliche Wohl der Profis. Sie konnten ihm vertrauen. Sie verrieten ihm vieles, er behielt es für sich. Günter Netzer sagte während seiner Zeit als HSV-Manager mal: „Er macht unsere Spieler auch seelisch wieder fit.“ Hermann Rieger wurde zur Vereinslegende. Wenn die Fans richtig sauer auf die Spieler waren, sangen sie: „Außer Hermann könnt ihr alle geh’n!“ Als er an Krebs erkrankte und aufhören musste, veranstaltete der HSV zu seinen Ehren ein Abschiedsspiel. Heute erinnert eine Bronzestatue vor dem Volksparkstadion an den 2014 verstorbenen Kultmasseur.

Schmeißt man solche Leute raus? Besser nicht.

Manager Rudi Assauer hatte sich mal kurzzeitig mit Charly Neumann überworfen, musste aber auch erkennen, dass man sich von so einer Symbolfigur nicht trennen konnte. Ob man beim 1. FC Kaiserslautern zu einer ähnlichen Einsicht gelangen wird?

Der Fritz-Walter-Klub steckt in der Krise

Der FCK, der stolze Fritz-Walter-Klub, der 1998 noch sensationell als Aufsteiger zur Deutschen Meisterschaft durchstartete, ist längst in den Abstiegskampf der Dritten Liga abgerutscht. Und es fehlen elf Millionen Euro, um die Lizenz für die kommende Saison zu erhalten. Weil Existenzängste nicht schon genug Schaden angerichtet haben, hat die Klubführung auch noch mit Handgranaten jongliert: Sie warf Gerry Ehrmann raus. 13 Jahre war der 61-Jährige Torwart beim FCK, 24 Jahre Torwarttrainer. Der Muckibuden-Keeper, Kampfname Tarzan, fertigte im Laufe der Jahre in seiner Torwart-Werkstatt ein paar Kopien von sich an, die besonders gut gelungenen nannte er Roman Weidenfeller und Tim Wiese.

Ehrmann habe, so der Vorwurf, Beleidigungen und Drohungen gegenüber dem Trainerteam um Boris Schommers ausgesprochen. Ehrmann bestreitet alles. Wer recht hat? Tausende Fans glauben das zu wissen, sie unterschrieben eine Petition für eine Wiedereinstellung ihrer Ikone. In der Not ersetzt die Schlammschlacht den Stil. Wie aus Roten Teufeln Tote Teufel werden.