Leipzig. Red Bull hat die Vereine aus Leipzig groß gemacht. Nun treffen die Brüderklubs in der Europa League aufeinander. Eine brisante Konstellation.

Auf dem Papier sieht alles normal aus. Donnerstag (21 Uhr) trifft der FC Salzburg in der Red Bull Arena auf Rasenballsport Leipzig - Europa League, Gruppenphase, 1. Spieltag. Marco Rose sagt: „Das ist ein ganz normales Fußballspiel.“

Rose ist Trainer des österreichischen Meisters, doch so sehr er sich auch mühte, die Partie im Vorfeld als das zu beschreiben, was sie dem Kern nach ist – es war vergeblich. Denn wenn es ein Spiel im europäischen Fußball gibt, das nicht normal ist, dann ist es dieses.

Der FC Salzburg heißt nämlich eigentlich Red Bull Salzburg, was auch für RB Leipzig gilt, dessen Kunstname Rasenballsport lediglich dazu dient, dem DFB zuliebe die Besitzverhältnisse zu verschleiern. In Wahrheit also ist dieses Spiel ein Bruderduell zweier Vereine, die vom Getränke-Multi Red Bull gegründet wurden und von ihm alimentiert, beziehungsweise besessen werden. So offenkundig ist die Verwandtschaft, dass auch Rose eingestand: „Dass das ein spezieller Gegner für uns ist, ist aber auch klar.“

Wie das Red-Bull-Konstrukt entflochten wurde

Etwas anderes als besonders soll und darf dieses Familientreffen allerdings nicht mehr sein. Die Europäische Fußballunion hat vergangenen Sommer dafür gesorgt, dass Red Bull seine Verflechtungen aufdröseln musste. Ein Vorgang, der schon 2015 begann, als klar wurde: In absehbarer Zeit könnte es in einem Uefa-Wettbewerb zum Dosen-Derby kommen.

Spiele von Teams, die von einer Person oder einem Unternehmen kontrolliert werden, sind verboten. Also wurde entlang der Uefa-Regularien fleißig entflochten. Der aktuelle RB-Coach Ralf Rangnick gab seinen Posten als Gesamtsportdirektor auf, Leipzig-Chef Oliver Mintzlaff legte sein Amt als Head of Global Soccer nieder. Und weil die Red Bull GmbH Besitzerin des sächsischen Bundesligisten ist, löste sie sich weitgehend vom 2005 übernommenen ehemaligen FC Austria Salzburg. 

Dafür wurden die Gremien neu besetzt und eine Spielbetriebs-GmbH gegründet. So trat etwa der leitende Red-Bull-Angestellte Rudolf Theierl, auch eines der 17 stimmberechtigten Mitglieder in Leipzig, als Vorstand von Red Bull Salzburg zurück. Schließlich gab das Unternehmen auch beim Namen nach: Spielt RB Salzburg im Europapokal, verwandelt sich der Klub in einen FC und nimmt das Firmenlogo von den Trikots.

Spieler wechseln hin und her

Red Bull ist offiziell also nur noch Sponsor in Salzburg. Doch wie schwer ist es, loszulassen – und Kontrolle abzugeben. Jahrelang war die Filialstruktur ein Segen vor allem für den 2008 gegründeten Rasenballsport e.V, der über die Jahre mit 17 Profis aus Salzburg aufgepäppelt wurde, von denen sechs noch im aktuellen Kader stehen - Keeper Gulacsi sowie die Feldspieler Ilsanker, Laimer, Kampl, Sabitzer, Upamecano -,und der siebte, Amadou Haidara, aller Voraussicht nach im Winter dazustösst.

Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz hat deshalb durch die Hintertür Vertraute und Geschäftspartner bei Salzburg installiert. Franz Rauch beispielsweise ist Seniorchef einer Fruchtsaftfabrik, der für Red Bull die Dosen abfüllt, sie versorgt zusätzlich beide RB-Klubs mit ihren Getränken. Herbert Resch wiederum sitzt wie Mateschitz und Rauch auch im Stiftungsbeirat der Red Bull eigenen Wings-for-Life-Stiftung. Vorstand Harald Lürzer wiederum ist als Hotelier seit vielen Jahren geschäftlich mit dem Meister verbunden.

Aber man muss sich keine Sorgen machen. Die Versicherungen, es wird nicht gemauschelt, scheinen echt. Die sportliche Leitung in Salzburg nämlich geht mittlerweile tatsächlich ihren eigenen Weg und hat im Sommer immerhin verhindert, dass Haidara sofort die Lücke stopfen soll, die sein Vorgänger Naby Keita durch den Wechsel nach Liverpool hinterlassen hat. Rose jedenfalls, gebürtiger Leipziger, ehemals Spieler unter Rangnick in Hannover, sagte: „Wir haben eine Gruppe zu spielen, in der wir uns durchsetzen wollen.“