Krasnaja Poljana. Nach dem Gold-Hattrick der deutschen Rodler sprang Felix Loch über die Absperrung und drückte die Doppelsitzer-Olympiasieger Tobias Wendl und Tobias Artl heftig.
Der Bayern-Express setzte mit dem dritten Triumph im dritten Rennen den unglaublichen Erfolgszug der Kufen-Asse fort. Einen Tag nach dem Sieg von Kollegin Natalie Geisenberger waren auch die Weltmeister im anspruchsvollen Eiskanal von Krasnaja Poljana nicht zu stoppen und beendeten die zwölf Jahre lange Flaute der deutschen Doppelsitzer.
"Das ist unglaublich. Das war so ein langer, steiniger Weg für uns und jetzt sind wir so froh", erklärte Arlt, der nach dem ersehnten Sieg seiner Freundin Isabelle Handküsse zuwarf. "Ich wollte eigentlich schon die Hand rausnehmen in der Zielkurve, weil ich wusste, dass wir oben stehen. Es hat gepasst, wir sind überglücklich." Auch Wendl war überglücklich: "Wir hatten Riesenspaß hier auf der Bahn. Da hast du fast ein Grinsen im Gesicht, die Bahn ist zugeschneidert für uns."
Mit 0,522 Sekunden fuhren Wendl/Arlt den zweitgrößten Vorsprung in einer olympischen Doppelsitzer-Konkurrenz heraus. "Ich bin sehr emotional", betonte Bundestrainer Norbert Loch. "Wir haben viele Jahre zusammengearbeitet, ich kenne sie von Kindesbeinen an. Dass sie so zuschlagen, konnte man nicht ahnen."
Hinter den Weltmeistern blieb den zweimaligen österreichischen Olympiasiegern Andreas und Wolfgang Linger nur Platz zwei. Dritte wurden die Letten Andris und Juris Sics.
"Ich glaube, im Moment können sie es nicht fassen. Mich freut es unglaublich für sie. Einfach gewaltig, alles abgeräumt, was es abzuräumen gibt", lobte Einzel-Olympiasieger Felix Loch seine bayerischen Teamkollegen im ZDF und blickte schon auf den Abschluss der Rodel-Wettbewerbe am Donnerstag voraus: "Morgen greifen wir in der Staffel zu viert nochmal richtig an." Auch Geisenberger wollte nach ihrer eigenen Siegerehrung in Sotschi noch bei der Feier im Kufenstüberl vorbeischauen, dann aber schnell ins Bett: "Da ist man ja Profi genug."
Toni Eggert und Sascha Benecken erreichten als zweites deutsches Duo Rang acht. Die Österreicher Peter Penz und Georg Fischler vergaben die mögliche Medaille mit einem schweren Fehler im zweiten Lauf und verhinderten nur mit Mühe einen Sturz. Die hoch gewetteten Russen gingen auf ihrer Heimbahn erneut leer aus.
Völlig unbeeindruckt vom Wirbel um die Verbandskritik von Vancouver-Olympiasiegerin Tatjana Hüfner gingen Wendl/Arlt am vorletzten Tag der Rodel-Wettbewerbe zu Werke. Wie schon in allen sechs Trainingsläufen kamen die Seriensieger des Olympia-Winters auch im ersten Durchgang am besten mit der Bahn im Sanki Sliding Center zurecht und schockten die Konkurrenz mit einem Bahnrekord. Bundestrainer Norbert Loch und Gold-Sohn Felix durften da schon einmal den nächsten Jubel üben. "Großartig! Die Rodler sind insgesamt ein Vorbild an Leistungswillen und Fokussierung", meinte Chef de Mission Michael Vesper.
Den bislang letzten Olympiasieg für ein deutsches Doppel hatten 2002 Patric Leitner und Alexander Resch eingefahren - Leitner ist nun Heimtrainer der goldenen Tobis. "Ich bin sprachlos, überglücklich. Die beiden haben vom Sport schon beide Seiten kennengelernt. Ich freue mich so für sie", sagte der Coach.
Weniger rund lief es für das zweite deutsche Doppel. Als einzige hatten Eggert/Benecken in diesem Winter Wendl/Arlt schlagen können, doch im Olympia-Rennen lief es nicht optimal für die WM-Zweiten. Im ersten Lauf leistete sich das Duo mehrere Fehler und musste im Zwischenklassement mit Rang zehn vorliebnehmen. Im zweiten Lauf griffen Eggert/Benecken zwar noch einmal an und landeten bei ihrem Olympia-Debüt schließlich auf dem achten Platz. "Sie sind noch jung, es werden nicht ihre letzten Spiele gewesen sein", sagte Felix Loch.
Wendl/Arlt hatten auf dem langen Weg zu Gold viele Tiefschläge hinnehmen müssen. Die Winterspiele in Vancouver schaute sich das Duo via TV an. Bei der Weltmeisterschaft 2011 stürzten die Zwei heftig, bei der Heim-WM 2012 in Altenberg blieb nur Rang vier. Viele hätten nach so vielen Negativ-Erlebnissen aufgegeben, nicht aber die beiden Bayern: Wendl/Arlt wandelten ihren Frust in Ehrgeiz um, trainierten noch mehr und lernten auch in der Eisrinne dazu. "Nur durch's Verlieren lernt man das Siegen", philosophierte Steuermann Wendl.
"Die wissen noch gar nicht, was auf sie zukommt. Sie sind das erste Mal bei Olympia", hatte Chefcoach Loch gesagt und bis zuletzt ein Nervenspiel bei seinem Top-Duo befürchtet. Wendl/Arlt agierten auch im entscheidenden Lauf eiskalt: Souverän meisterten sie den zweiten Durchgang und fuhren ein Jahr nach dem WM-Titel nun auch zum Olympiasieg.
Am Ziel freute sich schon Loch auf seine Kollegen, Rodel-Königin Geisenberger nahm wenig später bei der Siegerehrung auf der Medal Plaza in Sotschi ihr Gold entgegen. Am Donnerstag soll der nächste Coup folgen - dann aber gemeinsam! Bei der Olympia-Premiere der Team-Staffel will das bayerische Gold-Quartett erneut zuschlagen. "Das wäre natürlich was ganz Besonderes", sagte Felix Loch. "Wir haben das letztes Jahr bei der WM das erste Mal erfahren dürfen und das ist einfach toll."