Essen.. Für einige Arbeitnehmer dürfte die WM-Nacht ziemlich kurz werden. Das Final-Spiel wird schließlich erst um 21 Uhr angepfiffen. NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider bittet darum laut einem Medienbericht Arbeitgeber, zu prüfen, “ob Beschäftigte am Montagmorgen freimachen oder später kommen können.“
Das WM-Fieber hat offenbar auch NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider gepackt. Im Internetportal Express fordert er: „Ich bitte die Arbeitgeber kurzfristig zu prüfen, ob die Beschäftigten am Montagmorgen freimachen oder später zur Arbeit kommen können." Es wäre prima, wenn die Arbeitnehmer Überstunden abfeiern könnten. "Versäumte Stunden könnten möglicherweise auch später nachgeholt werden."
Denn das Final-Spiel wird schließlich erst um 21 Uhr angepfiffen. Sollte Deutschland den Titel holen, muss das natürlich auch noch ausgiebig gefeiert werden - und mancher Fan dürfte erst deutlich nach Mitternacht ins Bett kommen.
Der Final-Abend - von WM-Muffeln und Spätschichtlern
Wenn am Sonntagabend Millionen Fußballfans in Deutschland das WM-Finale gucken, müssen aber auch zahlreiche Menschen arbeiten. Was passiert ab 21 Uhr, wenn die deutsche Nationalmannschaft gegen die Elf aus Argentinien antritt, um den vierten Titel zu holen? Einige Beispiele:
TAXI: Für Taxifahrer ist es gar nicht so schlimm, während des Spiels arbeiten zu müssen. Denn dann ruft erfahrungsgemäß sowieso kaum jemand einen Wagen, wie Matthias Schmidt, Vizechef des Taxiverbands Deutschland, sagt. "Es gibt aber tatsächlich Fußballdesinteressierte, die fahren dann." Andere schauten die Partie und setzten sich danach in ihre Autos. Das lohnt sich: Nach dem Halbfinalspiel gegen Brasilien in der Nacht zu Mittwoch sei das Geschäft mindestens doppelt so gut gelaufen wie an vergleichbaren Tagen. Bei ihren Touren machten die Taxifahrer normalerweise einen Bogen um beliebte Autokorso-Strecken. Denkbar sei aber auch, dass sich ein Kunde unbedingt in eine Schlange hupender Fahrzeuge einreihen will. "Was bezahlt wird, machen wir auch."
Pizza-Dienste freuen sich über Umsatz
PIZZA: Kaum ein Lieferservice dürfte sich das Geschäft am Sonntag entgehen lassen. "Ein WM-Abend ist super für unseren Umsatz, da können wir nicht einfach den Laden schließen", erzählt ein Mitarbeiter von Pizza Roma in Stuttgart. Einige Fahrer hätten aber schon um einen freien Abend gebeten. "Das kriegen die dann meistens auch." Bei Sunny Pizza in Ludwigsburg sind während des WM-Finales vor allem Mitarbeiter im Einsatz, die sich nicht so für Fußball interessieren.
POLIZEI: Auf vielen Polizeirevieren dürfen Fernseher laufen, sagt beispielsweise ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums. "Der Einsatz geht aber vor, das ist oberstes Gebot." Gleiches gilt für die Helikoptercrews der DRF Luftrettung. "Egal, ob der Kaiser von China zu Besuch kommt oder Fußball-WM ist, das spielt keine Rolle", sagt eine Sprecherin in Stuttgart. Der Dienstplan gehe vor, es dürfe aber getauscht werden.
In den Krankenhäusern herrscht Alltag
KLINIK: In den Krankenhäusern herrscht ebenfalls Alltag. "Sicherlich wird der eine oder andere Mitarbeiter mal zwischen Tür und Angel einen Blick auf einen Fernseher im Patientenzimmer werfen - aber nur, wenn dafür Zeit bleibt", sagt Ulrike Fischer vom Klinikum Stuttgart. Viele Patienten haben heutzutage ein TV-Gerät auf dem Zimmer, manche träfen sich auch, um zusammen zu schauen.
ROTLICHT: Das Großbordell "Paradise" in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart erwartet laut Sprecher Michael Beretin "überdurchschnittlich" viele Gäste. Dort und auch in der Saarbrücker Filiale werden die WM-Spiele auf einer Großbildleinwand übertragen. Die vergangenen Partien hätten gezeigt, dass die Besucher meist eine Stunde vor Beginn auftauchten, sagt Beretin. "Und danach feiern sie natürlich noch weiter."
Nachtschicht fällt im Daimler-Werk aus
FABRIK: Beim Autobauer Daimler können alle Mitarbeiter das Endspiel sehen. Wo überhaupt am Sonntag gearbeitet wird, werde um 20 Uhr Feierabend gemacht und der Start der Nachtschicht entsprechend nach hinten verlegt. In Daimlers größtem Pkw-Werk in Sindelfingen fällt die Nachtschicht komplett aus. Für die etwa 1000 Beschäftigten, die in der Nacht zum Montag hätten antreten müssen, wurde laut einer Sprecherin des Betriebsrats arbeitsfrei vereinbart.
KRAFTWERK: Keine Endspiel-Stimmung wird an den versorgungskritischen Arbeitsplätzen des Energiekonzerns EnBW aufkommen. Im Atomkraftwerk oder an den Leitständen der Netzversorgung müsse verantwortungsvoll gearbeitet werden, heißt es in der Karlsruher Zentrale. Dies gelte für den Heiligabend ebenso wie für das WM-Finale. Weil da die volle Aufmerksamkeit verlangt sei, gebe es auch nicht die Möglichkeit, das Spiel mit halbem Auge auf einem Bildschirm in der Ecke zu verfolgen.
Public Viewing statt Aufführung
KULTURPAUSE: Einige Theater wie in Konstanz haben am Sonntagabend zur WM-Zeit kein Programm, ebenso das Festspielhaus in Füssen. Dort wurde ein für Sonntagabend angesetztes Konzert kurzerhand auf September verschoben. Auch die Nürnberger Symphoniker richten ihr Programm nach dem WM-Spielplan aus: "Wir haben seit Jahren bei EM und WM vom Viertelfinale an keine Veranstaltung mehr. Das nicht zu berücksichtigen, ist der Tod jedes Veranstalters", sagt eine Sprecherin. Und in Regensburg hatte der Theaterchef den richtigen Riecher: "Unser Intendant ist als großer Fußballfan davon ausgegangen, dass Deutschland im Endspiel steht", erklärt Pressesprecherin Clara Fischer. Deshalb wurde erst gar keine Aufführung für Sonntagabend angesetzt. Stattdessen wird das Theatercafé zur Public-Viewing-Arena.(dpa)