Dortmund. Eine Studie sieht das Ruhrgebiet als unfitteste Region. Laufblogger Stefan Reinke fragt: “Hä?!“ - und schaut sich das Ergebnis einmal genauer an.

Die Pressemitteilung schlug bei mir ein wie eine Bombe: "Dortmund auf Platz 41 - Die fittesten Städte Deutschlands", steht im Betreff einer Mail, die in mein Postfach flatterte. Und ein Satz trifft den Revier-Sportler mitten ins Herz: "Auffällig ist das insgesamt schlechte Abschneiden des Ruhrgebiets". Osnabrück, heißt es weiter, sei die "fitteste Stadt Deutschlands". Das kann ja sein, aber Dortmund nur auf Platz 41? In bester Gesellschaft mit Duisburg (Schlusslicht auf Platz 50), Mülheim (42), Oberhausen (43) oder Gelsenkirchen (49)? Das Ruhrgebiet als unfitteste Region Deutschlands? Im Leben nicht!

Diese Studie ist es dann wohl doch wert, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Und siehe da: Die Studie erfasst, wie hoch der Anteil von Mitgliedern in Fitness-Studios an der Gesamtbevölkerung einer Stadt ist. Fitness-Studios! Also, nichts gegen solche Studios. Sie sind vor allem im Winter toll, wenn man sich trotz Eiseskälte bewegen möchte. Außerdem bieten sie optimale Bedingungen für die wichtigen Übungen, die Läufer eigentlich gar nicht mögen: Stabilisationsübungen, Kräftigung der Rumpfmuskulatur, Stärkung der Arme (ja, zum Laufen braucht man auch die Arme). Aber lässt sich anhand der Studio-Mitglieder feststellen, wie fit eine Stadt ist? Wohl kaum.

Etwas Licht ins Dunkel bringt ein Blick auf die Autoren der Studie: Die Betreiber der Fitnesssuchmachine Fitogram haben gemeinsam mit dem Beratungshaus Edelhelfer den Fitnessmarkt beleuchtet. Die Autoren berufen sich auf Daten vom Arbeitgeberverband für die Fitness-Wirtschaft (DSSV). Wobei in den Datensatz nicht nur klassische Muckibuden eingeflossen sind, sondern auch kleine Anbieter von EMS, Vibration, Vakuum, Crossfit, Pilates oder Kampfsport. Aber eben durchweg Studios.

Platzierungen der NRW-Städte in der Fitness-Tabelle:

  • 5. Bonn
  • 11. Düsseldorf
  • 14. Solingen
  • 15. Köln
  • 17. Mönchengladbach
  • 21. Aachen
  • 25. Leverkusen
  • 29. Bochum
  • 32. Bielefeld
  • 33. Essen
  • 34. Münster
  • 39. Hamm
  • 41. Dortmund
  • 42. Mülheim
  • 43. Oberhausen
  • 44. Wuppertal
  • 45. Hagen
  • 49. Gelsenkirchen
  • 50. Duisburg

Unberücksichtigt bleiben die vielen, vielen Vereinssportler und natürlich wir, die unorganisierten Läufer, die Anarchisten unter den Sportlern. Vor einigen Jahren habe ich zusammen mit Kollegen erfasst, wie hoch der in Sportvereinen organisierte Anteil an der Bevölkerung einer Stadt ist. Für Dortmund haben wir einen Wert von knapp unter 25 Prozent ermittelt. Das war zu einer Zeit, bevor die Mitgliederzahl des BVB explodierte. Bochum kam in der Auswertung auf knapp 21 Prozent, Duisburg auf 20 Prozent, Oberhausen auf 19 Prozent, Essen auf 22, Gelsenkirchen auf 63 Prozent, wobei hier wirklich die extrem hohe Mitgliederzahl des FC Schalke die Statistik verbiegt.

Selbst wenn ich davon ausgehe, dass viele Vereinsmitglieder nicht sportlich aktiv sind, sondern hinter den Kulissen arbeiten, so muss man bei den Mitgliederzahlen in Fitness-Studios ebenso bedenken, dass es dort reichlich Karteileichen gibt, die irgendwann einmal im Januar mit guten Vorsätzen ins Studio gegangen sind.

Laufveranstaltungen im Westen sind der Renner

Vor Kurzem haben wir hier auf DerWesten Startplätze für den Vivawest-Marathon verlost. Die Teilnehmer am Gewinnspiel kamen überwiegend aus der Region. Insgesamt werden wohl rund 7000 Läufer an den Start gehen, wobei der Vivawest-Marathon - wie auch der Rhein-Ruhr-Marathon in Duisburg und die Halbmarathons in Bochum und Dortmund - als Ereignisse mit hauptsächlich regionalen Teilnehmern betrachtet werden dürfen. Die Winterlaufserie des ASV Duisburg ist legendär. Zigtausende Menschen im Revier rennen mit Leidenschaft. Hinzu kommen etliche Firmenläufe, die regelmäßig Tausende Reviermenschen auf die Strecke bringen. Und erst die total verrückten Extremläufer aus dem Pott... Zu jeder Stunde und bei jedem, wirklich jedem Wetter sieht man in allen Ruhrgebietsstädten Menschen ihrem (Lauf-)Sport nachgehen. Und wo wurde 1976 der erste Lauftreff Deutschlands ins Leben gerufen? In Dortmund.

Mein Fazit meiner total subjektiven Privat-Studie: Die Menschen im Ruhrgebiet brauchen keine Muckibude, um Sport zu treiben. Wir pumpen nicht für die Galerie. Wer sich bewegen will, macht es einfach.

Von wegen, nicht fit.