Essen. Das neue Dopingmittel "Geref" erschüttert derzeit die Glaubwürdigkeit des Leistungssports. Professor Mario Thevis von der Deutschen Sporthochschule Köln erläutert im Interview mit DerWesten Wirkung und Nebenwirkung.
Das noch nicht nachweisbare Mittel "Geref" stellt die Glaubwürdigkeit des Hochleistungssports kurz nach dem Ende der Tour de France, während der Schwimm-WM in Rom und im Vorfeld der Leichtathletik-WM in Berlin (15.-23. August) erneut in Frage. Professor Mario Thevis vom Institut für Biochemie/Zentrum für Präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln beschreibt Wirkung und Nebenwirkung.
Welche gesundheitlichen Probleme können durch das Mittel hervorgerufen werden?
Mario Thevis: Bezüglich Geref werden unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, sowie bei möglichen allergischen Reaktionen Hautausschlag, Juckreiz, Schluck- und Atembeschwerden hervorgerufen. Da Geref die körpereigene Wachstumshormon-Produktion und -Ausschüttung steigert, ist bei einer längerfristigen missbräuchlichen Anwendung mit Nebenwirkungen ähnlich dem künstlich hergestellten Wachstumshormon zu rechnen, wie z.B. Wachstum der nicht vollständig verknöcherten Areale (Kinn, Finger, etc.), Insulinresistenz (die zu einer bestimmten Art des Diabetes mellitus führen kann), Gelenkveränderungen und gesteigerte Arthrosegefahr, usw.
Welche Rolle könnte das Mittel bei der Leichtathletik-WM spielen?
Mario Thevis: In der jüngeren Vergangenheit, insbesondere in Geständnissen überführter Sportler, ist sehr oft der Einsatz von Wachstumshormonen in verschiedensten Sportarten beschrieben worden, zu denen auch die Leichtathletik zählt. Daher können wir nicht ausschließen, dass Präparate wie Geref ebenfalls genutzt wurden bzw. noch werden.
Das Mittel führt zu einer Ausschüttung von Wachstumshormonen, mehr Muskelmasse und schnellerer Erholung. Welche Disziplinen sind somit besonders anfällig? Ist es von größerer Bedeutung während des Trainings oder im Wettkampf?
Mario Thevis: Aufgrund der vielfältigen Einflüsse von Wachstumshormonen sind Wirkstoffe wie Geref sowohl in Trainings- als auch Wettkampfphasen denkbar, so dass Tests grundsätzlich notwendig wären.
Gibt es Forschungslabors, die derzeit an einem Nachweisverfahren arbeiten?
Mario Thevis: Das Zentrum für Präventive Dopingforschung in Köln arbeitet seit geraumer Zeit an der Problematik der so genannten Releasing-Hormone, zu denen auch Geref gehört, und erste Erfolge in der Entwicklung eines direkten Testverfahrens sind bereits zu verzeichnen. Zudem werden im Rahmen der globalen Forschungsaktivitäten bezüglich der Wachstumshormon-Analytik zahlreiche Blutparameter aufgezeichnet, die in Zukunft auch einen indirekten Hinweis auf Geref-Missbrauch liefern könnten.