Peking. Sieben Jahre nach der Olympia-Schmach in Peking, wollen diese deutschen Leichtathleten an gleicher Stelle Medaillen sammeln und haben gute Chancen.
Wenn am Samstag im Pekinger Vogelnest die 15. Leichtathletik-Weltmeisterschaften beginnen, werden Erinnerungen an die Olympischen Spiele vor sieben Jahren an gleicher Stelle wach. Usain Bolt pulverisierte damals im Olympiastadion die Weltrekorde über 100 und 200 Meter, die Russin Jelena Issinbajewa schlängelte sich mit ihrem Stab über 5,05 Meter. So hoch wie keine Frau zuvor. Die deutschen Leichtathleten enttäuschten bitter, nur Speerwerferin Christina Obergföll stand als Dritte auf dem Podium. Platz 35 im Medaillenspiegel, hinter Nationen wie Lettland oder dem Sudan. Wenn es jetzt ab Samstag neun Tage lang um WM-Edelmetall geht, dürfte das Team besser abschneiden. Wir präsentieren sieben deutsche Medaillentipps.
Christina Schwanitz (Kugelstoßen, Samstag, 22. August, 14.05 Uhr MESZ): Als sich die gebürtige Dresdnerin 2005 für die Polizei bewarb, wurde sie abgelehnt. „Es hieß, ich sei zu dick. Da hätten sie gleich eine Ballerina fragen können und keine Kugelstoßerin“, erzählt die 29-Jährige, die stattdessen von der Bundeswehr angeworben wurde. Ihr Auftrag für die WM: Gold. Und die Frau mit dem lauten Lachen und dem Wohlfühlgewicht von 105 Kilogramm ist die wohl sicherste Bank für einen deutschen Sieg. Mit 20,77 Metern steht sie in der Weltjahresbestenliste klar vor der Chinesin Lijiao Gong (20,34).
David Storl (Kugelstoßen, Sonntag, 23. August, 13.30 Uhr): Im Gegensatz zu seiner Trainingskollegin Schwanitz gab die Polizei bei David Storl grünes Licht. Mit 25 Jahren ist er im Vergleich zu anderen muskelbepackten Kraftpaketen ein Jungspund mit Wespentaille. Trotzdem ist er nicht nur im Beruf Polizeimeister, sondern hat schon jeweils zweimal Gold bei Welt- und Europameisterschaften geholt. Wie bei seinen goldenen WM-Stößen 2011 und 2013 setzt der Chemnitzer auch in Peking beim Aufwärmen auf laute Töne: Erst mit Heavy Metal auf den Ohren wird der Arm richtig stark.
Raphael Holzdeppe (Stabhochsprung, Montag, 24. August, 13.05 Uhr): Vor zwei Jahren sorgte der Stabartist aus der Pfalz für einen der größten Paukenschläge bei der WM in Moskau. Wer das Gold holen würde, schien allen klar zu sein. Nur die Höhe von Renaud Lavillenie musste noch hinter dem ersten Platz eingetragen werden. Aber Profisportler Holzdeppe spielte bei dem Tippwettbewerb nicht mit, schockte den Franzosen und holte Gold. Nach einem verkorksten Jahr 2014 ist Holzdeppe rechtzeitig erstarkt und selbstbewusst: „Jetzt bin ich Weltmeister. Den Titel will ich noch einmal gewinnen.“
Betty Heidler (Hammerwerfen, Donnerstag, 27. August, 13 Uhr): Die bitter Enttäuschte der WM 2013 will diesmal alles anders, alles besser machen. In Moskau scheiterte die deutsche Rekordhalterin in der Qualifikation und dachte im ersten Moment, für immer auf WM-Starts zu verzichten. Jetzt steigt die 31-Jährige doch wieder in den Ring. Nur die polnische Weltrekordlerin Anita Wlodarczyk warf 2015 weiter. „Ich würde sie gern ärgern“, sagt die Berlinerin. „Die kann mich eh nicht leiden.“
Christoph Harting (Diskuswerfen, Samstag, 29. August, 13.50 Uhr): Man nennt ihn immer den kleinen Bruder des großen Robert. Dabei ist der 25-Jährige zwar fünf Jahre jünger, doch mit 2,07 Metern sechs Zentimeter länger als der Diskus-Olympiasieger. Mit 67,93 Metern ist Christoph Harting Dritter der Weltjahresbestenliste. Sein Ziel ist es, irgendwann 80 Meter zu werfen, sechs Meter weiter als der aktuelle Weltrekord. Auch der kleine Harting kennt nur große Ziele.
Michael Schrader (Zehnkampf, Freitag/Samstag, 28./29. August): Der Duisburger, der in Halle trainiert und für Hessen Dreieich startet, ist ein Bewegungstalent. Und weil er auch sehr ehrgeizig ist, hat er das leicht Erlernte mit viel Trainingsschweiß perfektioniert. Vor zwei Jahren holte der oft durch Verletzungen gestoppte 28-Jährige Silber bei der WM. Den großen Favoriten Ashton Eaton aus den USA hält Schrader für unschlagbar, wenn er durchkommt. Aber wenn nicht, steht der Duisburger im Kampf mit den zehn Unwägbarkeiten bereit.
Christina Obergföll (Speerwurf, Sonntag, 30. August, 12.45 Uhr): Ihr größter Fan muss zu Hause bleiben. Söhnchen Marlon ist mit einem Jahr noch zu klein für die lange Reise nach China. Beim Projekt Titelverteidigung wird die 34-Jährige erst mit Marlon skypen, um dann die daraus gezogene emotionale Energie auf ihr Sportgerät zu übertragen und den 600 Gramm schweren Speer weit fliegen zu lassen.