Hagen. Adam Hess spielte für Hagen und wechselte nach Ulm. Am Samstag trifft er in seiner neuen Heimat auf seine alten Kollegen. Und keiner kennt die Spielweise der Hagener besser als Hess und könnte so für seinen neuen Arbeitgeber zu einem ganz wichtigen Informanten werden.

Unorthodox, wild, schnell, anders als alle anderen. So beschreiben die Gegner den Spielstil von Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen. Zweimal pro Saison sehen sie sich mit ihm konfrontiert, ansonsten nehmen sie ihre Erkenntnisse aus dem Video-Studium. Nur ein Erstliga-Akteur kennt die Spielweise des Teams von Trainer Ingo Freyer genau aus eigener Anschauung: Adam Hess, der am Samstag mit ratiopharm Ulm Phoenix empfängt (19 Uhr), trug in der letzten Saison maßgeblich zum Playoff-Einzug der Hagener bei. „Ich weiß, was auf uns zukommt“, räumt der 32-jährige Deutsch-Amerikaner ein, „aber das ist nur ein kleiner Vorteil. Alle Mannschaften wissen ja mittlerweile, wie Phoenix spielt. Und trotzdem gewinnen die Hagener viele Spiele. Wir müssen uns sehr gut vorbereiten.“

Der Stil der heutigen Gäste, so hat Ulms Coach Thorsten Leibenath bekannt, erinnere ihn an Bayern München. Und dort patzte sein Team zuletzt mit 70:87 deutlich - ohne Hess, der wegen eines Magen-Darm-Virus fehlte. „Alles ist wieder gut“, sagt dieser „aber ein bisschen peinlich ist mir das schon.“ In Hagen habe er aus diesem Grund in der Saison-Vorbereitung auch schon einmal eine Weile gefehlt, aber in einem solchen Topspiel. . . Deshalb hat das heutige Duell gegen sein Ex-Team für Hess auch eine besondere Bedeutung. Nicht weil es gegen die ex-Kollegen gehe, sondern wegen der Tabellenkonstellation. „Wir sind Achter, Phoenix ist Neunter, daran denke ich“, sagt der Flügelcenter. Die aktuell vier Punkte betragende Kluft zu den Plätzen jenseits der Playoffs will man  vergrößern.

Internationales Parkett gab den Ausschlag

Denn in der Liga lief es für den Vorjahres-Halbfinalisten  nach dem Weggang von MVP John Bryant zum FC Bayern nicht immer rund, gegen Bonn, Trier und zuletzt Frankfurt kassierte man bereits Heimniederlagen. Andererseits schlug das Team um den Hagener Spielmacher Per Günther Meister Bamberg klar mit 72:59 und überstand mit starken Auftritten im Eurocup die Vorrunde. Das Engagement in diesem Wettbewerb nennt auch Hess als entscheidenden Grund, warum er trotz der Option auf Vertragsverlängerung und verbesserten Angebots Phoenix im Sommer verlassen habe. „Für mich war es die vielleicht letzte Chance, noch einmal international zu spielen“, sagt er und betont, dass er sich mit seiner Familie in Westfalen sehr wohl gefühlt habe: „Ich kann nur Gutes über Hagen sagen.“

In Ulm musste Hess sich in einem ausgeglichen tief besetzten Team integrieren, in dem er neben Günther gleich zum Co-Kapitän ernannt wurde. Zehn Akteure erhalten im Schnitt zweistellige Einsatzzeiten. „Ulm ist durch die Bank gut besetzt. Da kann jeder einen guten Tag erwischen und 20 Punkte erzielen“, sagt Phoenix-Trainer Freyer, bis auf 2,11-m-Center Trent Plaisted könne im Prinzip jeder aus der Distanz treffen. Von Hess und Günther weiß man das in Hagen, auch Nationalspieler Philipp Schwethelm, Keaton Nankivil und die Aufbauspieler Cameron Long und Edgar Sosa verzeichnen gute Dreierquoten. Unter dem Korb wird Plaisted von Matt Howard, Daniel Theis und Will Clyburn unterstützt. „Wir stellen uns auf einen schweren Gang ein“, sagt Freyer, der sich mit seinem Team bereits am Freitagmorgen auf den Weg in den Süden machte. Zumal Phoenix in den bisherigen vier Bundesliga-Auftritten in Ulm stets verlor - und das meist zweistellig.

Keine Sperre für Freyer

Eine Chance sehen die Hagener natürlich trotzdem, zumal sie auch in Berlin nach hohem Rückstand zwischenzeitlich auf sechs Punkte verkürzen konnten. Aber Freyer räumt auch ein: „Es muss schon viel zusammenpassen, damit wir bei einem der Top-Teams der Liga gewinnen.“ Bisher ist das erst einmal gelungen: Beim 104:93-Coup genau vor einem Jahr in Quakenbrück - der alten Heimat  von Adam Hess.

Die Disqualifikation von Phoenix-Trainer Ingo Freyer im mit 79:107 verlorenen Spiel bei Alba Berlin am Silvestertag hat für den Hagener Coach keine weitergehenden Folgen. Es handele sich nur um eine Matchstrafe, sagte Bundesliga-Sprecher Dirk Kaiser auf Anfrage. Freyer war schon in der achten Spielminute der Halle verwiesen worden, als er während der Partie aufs Parkett lief, sich lautstark über eine Entscheidung beschwerte und auch nach der Verhängung eines ersten technischen Fouls gegen ihn nicht damit aufhörte.