Berlin. Nach nur fünf Pflichtspielen hat Hertha BSC Berlin Trainer Michael Skibbe und Assistent Edwin Boekamp gefeuert. Vor dem sonntäglichen Auslaufen der Mannschaft war es zu einer Auseinandersetzung mit den Fans gekommen.
Hertha BSC hat auf die rasante Talfahrt mit einer der schnellsten
Trainer-Entlassungen der Bundesliga-Geschichte reagiert. Michael Skibbe musste nach nur 52 Tagen wieder seinen Stuhl in
Berlin räumen. Damit zog der Klub einen Tag nach dem deftigen 0:5 (0:4) beim VfB
Stuttgart und der fünften Niederlage im fünften Spiel unter dem früheren
DFB-Trainer die Reißleine. "Wir haben heute Vormittag Michael Skibbe und seinen Assistenten Edwin Boekamp mit sofortiger
Wirkung beurlaubt und mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden",
sagte Manager Michael Preetz bei der Pressekonferenz am Sonntag.
Die
Entscheidung sei gemeinsam am Sonntagmorgen gefällt worden. "Wir sind in den
fünf Spielen ohne Frage in eine schwierige Situation geraten", erklärte der
44-Jährige weiter. Die Art und Weise der Niederlage beim VfB Stuttgart habe ihn
zu diesem Handel gezwungen. Auf die Frage, ob er persönliche Konsequenzen daraus
ziehe, sagte Preetz: "Sie wissen, wie ich Fußball gespielt habe. Ich bin ein
Kämpfer, und keiner der wegläuft." Zunächst soll am Dienstag eine Interimslösung
präsentiert werden, ehe man sich dann auf die Suche nach einem neuen Trainer
machen werde, sagte Preetz.
Vor dem sonntäglichen Auslaufen der
Mannschaft war es zu einer Auseinandersetzung mit den Fans gekommen. Etwa 200
Anhänger hatten sich gemeinsam vom U-Bahnhof Olympiastadion auf den Weg zum
Trainingsgelände von Hertha BSC gemacht. Dort forderten sie die Mannschaft zu
einer Aussprache auf. Es kam teilweise zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen
zwischen Fans und Spielern. "Verpiss Dich doch nach Hamburg. Wir werden länger
Herthaner sein als du", brüllte einer der Anhänger in Richtung Änis Ben-Hatira.
Der frühere Spieler des HSV regierte erzürnt, woraufhin es zu einem dichten
Gedränge vor dem Eingang zum sogenannten Kuppelsaal auf dem
Hertha-Trainingsgelände kam. Die Lage eskalierte aber nicht, alles blieb
friedlich.
Nach einer etwa 30-minütigen Aussprache im Kuppelsaal erklärte
Berlins Kapitän Andre Mijatovic, dass er Verständnis für die Anliegen der Fans
habe. Zur Entlassung von Trainer Skibbe sagte er: "Das
Trainergeschäft ist so, dass der Trainer dann geht."
Vierte
Entlassung in der Ära Preetz
Mit der Entlassung von Skibbe ist bei der Hertha bereits der vierte Trainerwechsel
in der Ära Michael Preetz seit Sommer 2009 perfekt. So dürfte auch die Kritik an
dem Manager kaum verstummen.
Ratlosigkeit und Niedergeschlagenheit
herrschten bei der Hertha bereits am Samstag nach dem Spiel in Stuttgart. Schon
da war Preetz ein Bekenntnis zum Trainer nicht mehr zu entlocken. "Wir werden
jetzt nach Hause fahren. Alle, die Mannschaft, der Trainer und ich. Und wir
werden das Spiel aufarbeiten", sagte der 41-Jährige gequält. Die Aufarbeitung
verlief dann recht zügig. Nicht einmal 24 Stunden später war die Entscheidung
gefallen.
Die Eindrücke nach der höchsten Niederlage seit fünf Jahren und
dem endgültigen Sturz in den Tabellenkeller wogen offenbar zu schwer. Skibbe, gekommen als Hoffnungsträger im Kampf um den
Abstieg, hatte da noch nicht mit einer derart schnellen Entlassung gerechnet.
"Ja, ja, ich spüre noch Rückendeckung", stammelte der 46-Jährige und hoffte auf
eine weitere Chance im kommenden Spiel gegen Meister Borussia
Dortmund.
Letztmals traf es Keller derart schnell
So
schnell wie Skibbe war letztmals Jens Keller beim VfB
Stuttgart seinen Job los. Im Dezember 2010 musste der frühere Bundesligaprofi
nach 59 Tagen seinen Platz für Bruno Labbadia räumen. Damals hinterließ der VfB
einen leblosen Eindruck, so wie die Hertha jetzt.
Quasi ohne Gegenwehr
hatte sich der Aufsteiger vor 45.000 Zuschauern in der klirrenden Stuttgarter
Kälte binnen 16 Minuten von Dreifachtorschützen Martin Harnik (28./41./58.),
Vedad Ibisevic (25.) und Shinji Okazaki (32.) zum K.o. zwingen lassen. Rotsünder
Andreas Ottl analysierte: "Das war der Tiefpunkt der Saison."