Hamburg/Leipzig. Nach der verpassten EM-Qualifikation der deutschen Handballer gehen die Diskussionen um Bundestrainer Martin Heuberger weiter. Experten fordern seine Ablösung. Die Quali-Pleite bringt zudem den Terminplan des Nationalteams durcheinander: Dem Supercup droht das Aus, weil die Deutschen zur WM-Vorqualifikation antreten müssen.

Die Nationalmannschaft liegt am Boden, die Verbandsspitze ist handlungsunfähig und der Trainer steht im Kreuzfeuer der Kritik: Nach dem historischen Scheitern der deutschen Handballer in der Qualifikation für die EM 2014 in Dänemark muss Martin Heuberger um seine Zukunft als Chefcoach der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) bangen. Immer mehr Experten fordern einen klaren Schnitt.

"Er muss weg, ich frage mich schon die ganze Zeit, warum er Trainer der deutschen Nationalmannschaft ist", sagte der frühere Weltmeistertrainer Vlado Stenzel. Der 79-Jährige ist für scharfzüngige Kritik bekannt, steht in der Sache aber nicht alleine da. Auch Stefan Kretzschmar fordert eine schonungslose Aufarbeitung der Rolle Heubergers. "Er ist nicht der Alleinschuldige. Aber die Nationalmannschaft hat jetzt zweimal versagt, als es darauf ankam. Da muss sich auch der Bundestrainer fragen lassen, ob er noch der Richtige ist", sagte der Ex-Nationalspieler der Tageszeitung Die Welt.

Entscheidung über Heubergers Zukunft wohl erst im September

"Wir müssen analysieren, warum wir gescheitert sind und was man in Zukunft besser machen muss", sagte der frühere Welthandballer Daniel Stephan: "Die Frage stelle ich seit einiger Zeit: Wer bringt Normalform in der Nationalmannschaft, wer hat gegen Montenegro seine Leistung gebracht? Sicherlich muss man auch diskutieren, ob der Trainer noch der richtige Mann ist. Dies sollte intern und ergebnisoffen geschehen."

Doch wann eine Entscheidung über Heubergers Zukunft getroffen wird, ist derzeit offen. DHB-Präsident Ulrich Strombach und Vize Horst Bredemeier treten im September ab und kündigten an, den Beschluss ihren Nachfolgern zu überlassen. Doch der designierte Präsident Bernhard Bauer und Bob Hanning als sein Vize können erst nach ihrer Wahl in drei Monaten aktiv werden.

Verantwortliche fahren erst mal in den Urlaub

"Wir sind am Boden. Und was machen die Verantwortlichen? Die fahren jetzt erst mal in den Urlaub und setzen sich vermutlich erst im August zusammen, um über Konsequenzen aus dem Debakel zu beraten", sagte Kretzschmar: "Die Motivation der Verantwortlichen, jetzt noch unangenehme Entscheidungen zu treffen, tendiert doch gen Null. Das ist eine unerträgliche Situation und zeigt, wie mies die Außendarstellung des Verbandes derzeit ist."

Hanning, der als künftiger starker Mann beim DHB gilt, will das Machtvakuum schnell schließen: "Bernhard Bauers Schattenkabinett wird bald in Berlin zusammenkommen. Wir wollen dann die Analyse mit Martin Heuberger machen", sagte der Geschäftsführer der Füchse Berlin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der 45-Jährige kündigte an, die Situation in allen Einzelheiten aufzuarbeiten und nicht alles an Heuberger, der seit 2011 für die DHB-Auswahl verantwortlich ist und noch einen Vertrag bis 2014 besitzt, festzumachen. "Bei einem Trainerwechsel können alle Beteiligten sagen: So, jetzt haben wir etwas unternommen - und dann geht es weiter wie vorher. Das ist mir zu billig."

Spieler stehen hinter Heuberger

Heuberger selbst gibt sich realistisch. "Ich muss mich den Dingen jetzt natürlich stellen", sagte der Bundestrainer, betonte aber, er habe das Gefühl, dass die Diskussionen nun "in die richtige Richtung" gehen. Seine Spieler um Kapitän Oliver Roggisch hatten sich nach dem endgültigen Aus demonstrativ hinter ihn gestellt - obwohl sie unter Heuberger nach Olympia 2012 bereits das zweite große Turnier verpasst haben. (sid)

Handball-Supercup droht Absage wegen WM-Vorqualifikation

Dem Handball-Supercup droht nach der verpassten EM der deutschen Nationalmannschaft das Aus. Weil das Team von Bundestrainer Martin Heuberger Anfang November zur Vorqualifikation für die WM 2015 antreten muss, ist das vom 1. bis 3. November geplante Vier-Nationen-Turnier stark gefährdet.

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Abhängig von der Auslosung der Gruppengegner will sich der Deutsche Handballbund (DHB) um eine Verlegung der Pflichtspiele bemühen. "Wenn das nicht möglich ist, müssen wir den Supercup absagen. Aber erstmal wollen wir mit allen Beteiligten nach einer Lösung suchen", sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier am Montag.

Supercup-Gegner wären Schweden, Polen und Ägypten

Das Vier-Nationen-Turnier soll mit seiner 18. Auflage in Bremen und Hamburg stattfinden. Dort trifft die deutsche Mannschaft auf Rekord-Europameister Schweden, den ehemaligen WM-Zweiten Polen und Ägypten. Vor zwei Jahren hatte Spanien das Turnier vor Schweden und Dänemark gewonnen. Gastgeber Deutschland war nur Vierter geworden.

Die DHB-Auswahl hatte am Sonntag erstmals eine EM verpasst. Dadurch muss sie sich in Gruppenspielen für die Playoffs zur WM 2015 in Katar qualifizieren. Die Partien finden im November sowie im Januar 2014 statt. (dpa)