Rom. Für Franziska van Almsick ist die Reise zur Schwimm-Weltmeisterschaft nach Rom eine ganz besondere. Vor 15 Jahren wurde sie in der italienischen Hauptstadt Weltmeisterin mit Weltrekord. Heute berichtet sie als ARD-Expertin über ihre Nachfolgerinnen.
Vor dem Beginn der traditionellen Schwimm-Wettbewerbe unterhielt sich Franziska van Almsick mit Thomas Lelgemann.
Frau van Almsick, wann haben Sie zum letzten Mal mit Dagmar Hase gesprochen?
Franziska van Almsick: Das ist schon länger her. Wir schicken uns ab und zu eine SMS. Einfach so.
Jetzt läuft die Schwimm-WM in Rom. Vor 15 Jahren sind Sie bei der WM in Rom nach dem Vorlauf über 200 Meter Freistil Neunte gewesen und haben das Finale verpasst. Dagmar Hase hat dann auf ihren Endlaufplatz verzichtet. Sie sind nachgerückt, haben Gold gewonnen und einen Weltrekord aufgestellt. Denken Sie in diesen Tagen manchmal an Dagmar Hase?
van Almsick: Als es klar war, dass ich als ARD-Co-Moderatorin zur WM fahre, habe ich natürlich an sie gedacht. Das sind doch schöne Erinnerungen.
Wie sehen diese Erinnerungen aus?
van Almsick: Sie sind sehr klar. Noch immer. Es war sehr anstrengend, sehr gefühlvoll. Es waren Emotionen von ganz unten bis ganz oben. Deswegen ist es wohl auch so erinnerungsträchtig. Es war erst eine mittelschwere Katastrophe und dann irgendwie der Anfang meiner Karriere.
War es gerade dieses Auf und Ab, was Sie noch bekannter gemacht hat?
van Almsick: Meine Karriere bestand ja immer aus Höhen und Tiefen. Es stand nie von vornherein fest, dass alles gut gehen würde. Es kam immer irgendetwas dazwischen. Das hat es so menschlich gemacht. Viele Zuschauer werden abgestumpft, wenn man immer nur gewinnt. Es prägt sich besser ein, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Das haben die Menschen ja bei mir oft gesehen.
Ihrer Popularität hat es auch nicht geschadet, dass Sie nie ihren Traum verwirklichen konnten, dass Sie nie dieses ersehnte olympische Gold gewonnen haben.
van Almsick: Das stimmt. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich lieber das Gold nehmen. Mir ging es doch während meiner sportlichen Karriere nie darum, reich und berühmt zu werden. Das war sekundär. Ich hatte immer dieses Ziel, Olympiasiegerin zu werden. Es wäre sehr, sehr schön gewesen.
Wie sehr schmerzt es Sie, dass Sie dieses Gold verpasst haben?
van Almsick: Es macht mich nicht mehr traurig. Vielleicht bin ich heute gerade der Mensch, der ich bin, weil ich kein olympisches Gold gewonnen habe. Es funktioniert nicht alles im Leben so, wie man es sich wünscht. In meinem Leben haben ganz viele Sachen funktioniert, ganz tolle Dinge sind passiert. Manchmal ist es auch ganz schön, wenn einige Dinge nicht in Erfüllung gehen.
In welcher Form sind Sie denn heute?
van Almsick: In der Form meines Lebens vielleicht nicht, aber ich bin sehr, sehr glücklich. Körperlich halte ich mich weniger mit Schwimmen als mit Joggen und Pilates fit. Heute habe ich andere Pläne, andere Ziele. Das ist auch gut so.
Was ist das wichtigste Ziel?
van Almsick: Dass ich meine Familie zusammenhalten kann. Dass mein Sohn und mein Mann gesund sind. Es ist mir sehr wichtig, eine Balance zu finden zwischen Arbeit und Familie. Es gelingt mir auch ganz gut.
Sie sind im Vorstand der Sporthilfe, Sie sind ARD-Expertin, Sie haben ein Buch geschrieben. Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bekommen?
van Almsick: Das klingt nach viel. Von den Angeboten könnte ich noch mehr machen. Aber ich kann mich nicht beklagen. Es gibt auch Tage, da bin ich einfach nur zuhause und das ist mir sehr wichtig Man muss wissen, was man tut und nicht alles annehmen, was einem angeboten wird. Das ist das Geheimnis.
„Paul Plantschnase am Meer” heißt das Buch, das Sie für Kinder geschrieben haben. Wird es eine Fortsetzung geben?
van Almsick: Ja. Ich stecke voller Ideen und bin im Moment dabei, ein neues Buch zu entwickeln.
Das werden Sie sicherlich auch Ihrem Sohn vorlesen. Sie haben auch eine Aktion ins Leben gerufen, dass Kinder richtig schwimmen lernen. Kann Ihr Sohn Don Hugo auch schon schwimmen?
van Almsick: Nein. Mit zweieinhalb Jahren ist er noch in der Phase der Wassergewöhnung.
Sie suchen jetzt nicht den neuen Topschwimmer. Warum engagieren sie sich mehr dafür, dass alle Kinder die Angst vor dem Wasser verlieren und schwimmen lernen?
van Almsick: Mir ist es wichtiger, dass keine Kinder mehr ertrinken, weil sie nicht schwimmen können, als dass Deutschland in 15 Jahren wieder einen Olympiasieger hat. Aber ich kümmere mich ja in der Sporthilfe auch um die Sportler.