Berlin. In einem ARD-Bericht belastet Stefan Matschiner einen deutschen Top-Athleten schwer. Der Läufer soll in diesem Jahr sogar deutscher Meister geworden sein.

Ein deutscher Meister als Doping-Kunde, mehrere korrupte WADA-Labore, fehlende Kontrollen bei der Sprint-Großmacht Jamaika: Ein Bericht der ARD wirft kurz vor dem Startschuss der WM in Berlin am Samstag einen Doping-Schatten auf die Leichtathletik und verstärkt die Zweifel an der Sauberkeit der olympischen Kernsportart. In der Reportage "Geheimsache Doping", die in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (0.00 Uhr) ausgestrahlt wird, offenbaren zwei ehemalige Doping-Drahtzieher erhebliche Defizite und sogar Korruption in der Doping-Bekämpfung. Sie belasten einen deutschen Athleten sowie die Überflieger aus Jamaika.

Stefan Matschiner, österreichischer Sportmanager und eine der Schlüsselfiguren im Dopingskandal seiner Heimat, erklärte, er habe jahrelang einen deutschen Top-Läufer mit Designer-Steroiden versorgt. Der aus rechtlichen Gründen von der ARD namentlich nicht genannte Sportler wurde nach ARD-Angaben in diesem Jahr deutscher Meister. "Wir hatten nie direkten Kontakt. Es lief über Mittelsmänner", sagte Matschiner, der unter anderem auch den Rad-Profi Bernhard Kohl von Anfang 2006 bis Mitte 2008 mit Dopingmitteln wie EPO oder Wachstumshormonen versorgt haben soll.

Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes DLV, forderte Matschiner und die ARD auf, "Ross und Reiter" zu nennen. "Es ärgert mich, wenn Verdächtigungen ausgesprochen werden, ohne dass Beweismittel auf den Tisch kommen", sagte Prokop dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Behauptungen, die im Nebel verschwinden, helfen uns nicht weiter. Wenn die Aussagen belastbar sind, dann gibt es keinen Grund, den Namen zurückzuhalten." Erst dann könne er aktiv werden, meinte der Kelheimer Amtsgerichtsdirektor.


WADA-Labore angeblich bei Vertuschungen behilflich

Dass seine Sportler nicht auffliegen, gehörte laut Matschiner zu seiner "Rundumversorgung". Behilflich waren ihm dabei angeblich Mitarbeiter von offiziell akkreditierten Laboren der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Mitteleuropa. Er habe sich mit den Mitarbeitern getroffen, Geld sowie Urinproben seiner Klienten übergeben und im Gegenzug erfahren, welches Ergebnis ein Test bringen würde.

WADA-Generaldirektor David Howman zeigte sich entsetzt über diese Information und kündigte Ermittlungen an. "Es wäre skandalös und einer der schlimmsten Regelbrüche überhaupt", sagte der Neuseeländer.


Jamaikas Leichtathletik gerät in Verruf

In Erklärungsnot könnte auch der frühere Agent des bei Olympia 1988 überführten Ben Johnson, Robert Wagner, geraten. Der zweite Insider des Berichts, der Mexikaner Angel Heredia, enthüllte, er habe von 2004 bis 2005 Geschäfte mit dem Manager gemacht. Wagner war in dieser Zeit auch für deutsche Spitzen-Leichtathleten im Einsatz. Der Österreicher stritt die Vorwürfe gegenüber dem SID ab: "Ich habe Herrn Heredia in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen oder gesprochen, auch nicht über Mittelsmänner."

Ins Zwielicht gerät durch den Bericht auch die jamaikanische Leichtathletik. Zwar sprach Herb Elliott, Chef der Jamaikanischen Anti-Doping-Kommisson (JADCO) von zahlreichen Tests im Vorfeld von Olympia in Peking, dem widersprach jedoch Stephen Francis, Trainer des ehemaligen 100-m-Weltrekordlers Asafa Powell: Kein einheimischer Kontrolleur habe Tests gemacht, außer bei den nationalen Meisterschaften. Laut Hajo Seppelt, ARD-Dopingexperte und Autor des Beitrags, haben die beiden Insider Matschiner und Heredia keinerlei Honorar für ihre Aussagen erhalten.