Johannesburg..

Die Schlussfeier war gerade zu Ende gegangen, da hatte der Endspielabend der Fußball-WM seinen ersten großen Höhepunkt. Ehe der Ball ins Spiel kam, wurde Nelson Mandela auf dem Rücksitz eines Golfcarts in das ausverkaufte Stadion „Soccer City“ in Johannesburg gefahren.

Das Publikum erhob sich schlagartig von seinen Sitzen, die Vuvuzelas tröteten so laut wie selten. Der 91 Jahre alte erste schwarze Präsident von Südafrika winkte lächelnd in das weite Rund, aus dem ihm Sprechchöre mit seinem Clan- und damit Spitznamen „Madiba, Madiba“ entgegeschallten.

Bis zum letzten Moment hatten Mandela und seine Familie sein Erscheinen am Finalabend offen gehalten. Zu groß waren die Bedenken um die Gesundheit des Friedensnobelpreisträgers. Doch letztendlich entschied sich Mandela dafür, sich zumindest für einen kurzen Moment der Weltbühne und den Fans im Stadion zu zeigen. Nach der umjubelten kleinen Ehrenrunde und einem kurzen Handschlag von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter wurde er unter tosendem Jubel der fast 84.000 Zuschauer wieder aus dem Innenraum gefahren.

Shakira sang den offiziellen WM-Song „Waka Waka“.
Shakira sang den offiziellen WM-Song „Waka Waka“. © Unbekannt | Unbekannt





Zuvor hatte sein Enkel Mandla Mandela der FIFA vorgeworfen, sie habe großen Druck auf seinen Großvater ausgeübt, damit dieser bei der Feier erscheine. Seinen Besuch bei der Eröffnungsfeier hatte Mandela abgesagt, nachdem seine Ur-Enkelin Zenani in der Nacht vor dem Beginn der WM bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. „Er hat den Wunsch geäußert, ins Stadion zu kommen, die Fans zu grüßen und dann wieder nach Hause zu gehen“, hatte sein Enkel Mandla am Nachmittag vor dem Finale erklärt. Sein Großvater wollte unbedingt ins Stadion gehen, sagte er.

30 Tage nach Beginn der WM hatte sich Südafrika zuvor mit Tanzeinlagen und Lichtershows von der Fußball-Welt verabschiedet. Die kolumbianische Pop-Sängerin Shakira eröffnete die farbenfrohe Schlussfeier mit dem offiziellen WM-Song „Waka Waka“.

Lichteffekte und Videoprojektionen auf dem Spielfeld gaben der Zeremonie, an der 780 Künstler und Statisten beteiligt waren, einen modernen Touch. Eine Elefantenherde, dargestellt durch riesige Puppen, trabte durchs Stadion und zollte der Tierwelt des Schwarzen Kontinents Tribut. Statisten bildeten eine menschliche Vuvuzela.

Vor dem Stadion hatte zuvor ein buntes Treiben geherrscht, es war ein Mix aus knallbunten Afros, ausgefallenen Kostümen und sogar kölschem Liedgut: Niederländische und spanische Fans verwandelten das Gelände rund um das Soccer City Stadion von Johannesburg vor dem in eine farbenfrohe Partymeile. Dabei hatte Oranje zumindest vor der Arena leichte Vorteile gegenüber dem Rot der spanischen „Furie“. Die Holländer feierten zur umgetexteten Version des Party-Klassikers „Viva Colonia“: „Viva Holandia“ schallte aus den Lautsprechern.

Party in Johannesburg.
Party in Johannesburg. © Unbekannt | Unbekannt





Schon mehrere Stunden vor der Eröffnungsfeier und dem anschließenden Endspiel hatte die Polizei das Gebiet um das Stadion weiträumig abgesperrt. Nur wer eine gültige Karte besaß, gelangte in die Nähe des Stadions. Wer kurzfristig in die ausverkaufte Arena wollte, musste mit Schwarzmarktpreisen weit über 2000 Euro rechen.

Auch die Autobahn von Pretoria nach Johannesburg war zeitweise gesperrt, um Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, darunter Deutschlands Bundespräsident Christian Wulff, nach „Soccer City“ zu bringen. Spaniens Königin Sofia und der niederländische Kronprinz Willem-Alexander verbreiteten royalen Flair auf der Ehrentribüne. Auch der Luftraum über der knapp 84.000 Zuschauer fassenden Arena wurde geschlossen.

In Amsterdam strömten etwa 100.000 Menschen zu den Public-Viewing-Plätzen und verwandelten die Grachtenstadt in ein orangefarbenes Meer. Dabei floss bei Temperaturen um die 30 Grad auch noch in den Abendstunden allerdings nur der Schweiß in Strömen. Um Krawalle zu verhindern, hatten die Behörden ein landesweites Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen verhängt. Wer dennoch nicht auf sein Bier verzichten wollte, drückte in einer der unzähligen Kneipen die Daumen.

In Spaniens Hauptstadt Madrid versammelten sich über 150.000 Anhänger der Seleccion auf dem Paseo de Castellana, um das Spiel auf drei riesigen Leinwänden zu verfolgen. Die Tapas-Bars platzten im ganzen Land aus allen Nähten. Sowohl in Madrid als auch in Amsterdam ließen Hubschrauber eine halbe Stunde vor dem Anpfiff organgene und rot-gelbe Blumen auf die Menschen regnen. (sid)