Hannover. Marco Reus, das 21 Jahre junge Talent von Borussia Mönchengladbach, lässt sich im Liga-Endspurt von Störfeuern nicht ablenken. “Mich interessiert das nicht, was der Effe macht“, sagt der Hoffnungsträger der Gladbacher.
Dass Fußballer heutzutage sehr modellierte Leiber besitzen, ist eingedenk der gestiegenen athletischen Anforderungen keine ganz neue Erkenntnis. Gut zu besichtigen waren modellhaft definierte Oberkörper am Samstag in der Arena von Hannover, als die Mönchengladbacher Filip Daems und Martin Stranzl halbnackt ihren Interviewmarathon absolvierten – ihr Kunstfaserhemd hatten sie zuvor ihren feiernden Borussen-Anhängern zuwerfen müssen. Die breite Brust der belgisch-österreichischen Abwehrcombo gab auch deshalb ein sehr stimmiges Bild ab, weil der Traditionsverein vom Niederrhein nach dem 1:0 gegen Borussia Dortmund mit dem 1:0 bei Hannover 96 gleich das nächste Lebenszeichen im Abstiegskampf ausgesandt hatte.
„Der Glaube ist schon seit Wochen wieder da – jetzt hat wohl jeder gesehen, dass wir nicht aufgeben“, tönte Kapitän Daems, während Kollege Stranzl erklärte, wie perfekt man vorbereitet gewesen sei: „Wir waren immer schnell hinter dem Ball.“
Im Grunde war der Abstiegskandidat dem Champions-League-Anwärter so überlegen, dass 96-Trainer Mirko Slomka sich mal sofort berufen fühlte, das bescheiden-zurückhaltende Resümee von Lucien Favre („Der Sieg war vielleicht verdient“) zu korrigieren. „Absolut verdient“, befand der Mathematik-Lehrer, „in allen Belangen“ sei das von Favre angeleitete Ensemble besser gewesen. Das Schweizer Schlitzohr kopierte schlicht die Slomka-Strategie: in der Defensive solide arbeiten, in der Offensive überfallartig agieren. Das gelang durch den überragenden Marco Reus, der nach 76 Minuten mit einem Prachtschuss Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler überwand.
Guter Kumpel von Kevin Großkreutz
Der 21-Jährige ist ein Hochbegabter, weil ein lauffreudiger wie ballbegabter Hochgeschwindigkeitsfußballer. Dass ausgerechnet dieser Jungspund, obwohl in Dortmund geboren und beim BVB gefördert, in der Jugend beim neuen Deutschen Meister gewogen und für zu leicht empfunden wurde, ist durchaus pikant, zumal Reus ja ein guter Kumpel von Kevin Großkreutz ist, dem identitätsstiftenden Prototypen der schwarz-gelben Rasselbande. Reus tritt nun halt als eine Art Symbolfigur der anderen Borussia auf, aber Lob für ihn, der einen bis 2014 laufenden Vertrag besitzt und diesen möglichst lange erfüllen soll, ertönt öffentlich eher spärlich – am liebsten wäre es Sportdirektor Max Eberl, wenn er über seine Nummer elf gar nicht reden müsste.
Der Volltreffer des bodenständigen Hoffnungsträgers diente auch deshalb als Signal, weil rund um den Klub gerade ein Machtkampf tobt. Als Frontmann der „Initiative Borussia“ geht Stefan Effenberg voran, der neuerdings auch von Horst Köppel unterstützt wird. Effenberg trachtet offen nach Eberls Posten. Was den Amtsinhaber erzürnt: „Angeblich geht es allen immer nur um die Borussia: Das ist aber zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt bekannt gemacht worden.“
Der Tunnelblick
Auch Spieler und Fans sind nicht begeistert von den Umsturzversuchen. „Mich interessiert das nicht, was der Effe macht“, sagte Reus. „Tiger, du hast die falschen Freunde“, stand auf einem Anti-Effenberg-Plakat, das Vizepräsident Rainer Bonhof angeblich wegen der tiefstehenden Sonne nicht lesen konnte, sehr wohl aber Eberl. Solche Botschaften seien ein Indiz, „wie unruhig es hier ist, umso schöner, dass sich Trainer und Spieler davon nicht behelligen lassen.“
Favoritenschreck
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Vor allem Favre hat sich vor den Aufgaben gegen den SC Freiburg und beim Hamburger SV bereits den berühmten Tunnelblick zugelegt, wie sein putziges Statement nach dem Sieg in Hannover verriet: „Egal, was von außen kommt oder gegen wen wir spielen: Wir müssen noch Punkte machen, sonst sind wir tot.“
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