Istanbul. Wiktoria Asarenka führt vor den WTA Championships die Weltrangliste an, doch auch Maria Scharapowa und Serena Williams können Spielerin des Jahres werden. Für Angelique Kerber wird sich nichts ändern. Sie wird die Nummer fünf, den besten Ranglistenplatz ihrer Karriere, mit in die Winterpause nehmen.

Vor jedem großen Turnier veröffentlicht die Frauentennis-Organisation WTA ein Szenario, dem zu entnehmen ist, wer danach die Nummer 1 sein wird. Bisweilen gibt es verwirrende Konstellationen, und manchmal stellt sich am Ende raus, dass in dieser Rechnung ein paar kleine Fehler enthalten waren. In dieser Woche bei den so genannten WTA Championships in Istanbul, dem Turnier der acht Besten des Jahres, ist die Sache dagegen leicht zu überblicken: Gewinnt Wiktoria Asarenka in ihrer Gruppe mindestens zwei Spiele, wird sie das Jahr als Nummer 1 beenden, verliert Konkurrentin Maria Scharapowa ein Gruppenspiel, genügt ihr sogar nur ein eigener Sieg. Scharapowa müsste, um wieder auf dem Gipfel zu landen, den Titel und auf dem Weg dorthin mindestens zwei Gruppenspiele gewinnen. Für Angelique Kerber, die zum ersten Mal für das Elitefeld qualifiziert ist, wird sich nichts ändern; sie wird die Nummer fünf, den besten Ranglistenplatz ihrer Karriere, mit in die Winterpause nehmen. Ihr Auftaktspiel gegen die US-Amerikanerin Serena Williams verlor die Kielerin gestern Abend am Ende deutlich mit 4:6 und 1:6.

Der Kampf um die Nummer eins

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wer am Ende Spielerin des Jahres 2012 sein wird. Diese Wahl wird in einer Abstimmung von Medienvertretern entschieden, und dabei spielt die Weltrangliste zwar auch eine Rolle, aber ebenso die Zahl der wichtigen Titel, Konstanz und ganz allgemein um den Eindruck, den jemand hinterlassen hat. Im vergangenen Jahr war die Sache schon ziemlich kompliziert; vier Spielerinnen hatten Grand-Slam-Titel gewonnen, die inzwischen zurückgetretene Kim Clijsters, Chinas Li Na, die Tschechin Petra Kvitova und Samantha Stosur aus Australien, und für alle vier gab es gute Argumente. Kvitova, Siegerin in Wimbledon und dann auch in Istanbul, machte schließlich das Rennen. Als Nummer eins stand Caroline Wozniacki in der Liste, ebenso wie 2010, als Clijsters zur Spielerin des Jahres gewählt worden war.

Die Kandidatinnen auf den Ehrentitel sind diesmal: Serena Williams (Siege in Wimbledon, bei  Olympia und bei den US Open), Asarenka (erster Grand-Slam-Titel, Aufstieg zur Nummer 1) und Scharapowa (erster Titel in Paris, erstmals wieder Nr. 1 nach Schulter-OP). Aber da Sportler gewöhnlich mehr mit Lob anfangen können, das von Kollegen kommt, fragt man am besten die Beteiligten.

Scharapowa findet, das sei eine gute Frage. Zwischen Asarenka und Williams würde sie sich klar für Williams entscheiden bei zwei großen Titeln und der Goldmedaille. Die US-Amerikanerin selbst gibt zu bedenken, natürlich gehe es nicht nur um Grand-Slam-Titel, sondern auch um Dinge wie Konstanz. Dass sie glaubt, die Wahl verdient zu haben, sagt sie in einem seltenen Moment der Zurückhaltung aber nicht. Man kann die Sache auch eher philosophisch betrachten wie Li Na. Die Chinesin findet, alle hätten den Titel verdient – für alle sei es nicht leicht, immer unterwegs zu sein, Familie und Freunde zurückzulassen.

Der Begleiter des Jahres

Aber, schlau wie sie ist, hat sie die Sache auf ihre Weise längst gelöst und reist immer in Begleitung des Gatten, der manchmal ihr Trainer ist, manchmal auch nicht. In diesem Jahr hat sie wieder einen neuen Mann fürs Team gefunden: Carlos Rodriguez, den früheren Coach von Justine Henin. Vielleicht sollte auch der Begleiter des Jahres gewählt werden. Da steht der sturmerprobte Gatte, Jian Shang, immer wieder ganz oben auf der Liste.