Über Doping wird bei der Tour de France nur noch geredet, wenn es um Abwesende gilt. Die vier „Kronzeugen“, die Lance Armstrong in den USA schwer belastet haben sollen, fahren ungehindert die Tour weiter - trotz ihrer augenscheinlichen Doping-Vergangenheit. Ein Kommentar.
Seit einer Woche strampeln sich knapp 200 Fahrer wieder bei der Tour de France ab. Drehen sie in Frankreich vor Begeisterung um die dort quasi unter Denkmalschutz stehende Veranstaltung auch immer noch am Rad – das weltweite Interesse daran ist dramatisch zurückgegangen. In Deutschland, wo die Fans noch unter dem Jan-Ullrich-Trauma leiden, ist die einst von ARD und ZDF hochgejubelte Werbetour für Pharmaerzeugnisse fast komplett von der Bildfläche verschwunden, sieht man von den Übertragungen im Nischensender Eurosport ab.
Bezeichnend, dass zuletzt weniger die beiden Etappensiege des Rostockers Andre Greipel für Aufsehen sorgten als die neuerliche Entwicklung um Lance Armstrong. Für ein sehr begrenztes Aufsehen, wohlgemerkt. Haben die Diskussionen um Leistungsmanipulation, so frustrierend dies auch für engagierte Anti-Doping-Kämpfer sein muss, die meisten Sportfreunde doch längst ermüdet. Das Thema langweilt – leider – nur noch.
Toursiege für Ullrich als groteske Folge
In der Leichtathletik etwa ist es eine Zeit lang als Fortschritt gefeiert worden, dass weniger Fabelzeiten oder Rekordweiten erzielt wurden. Inzwischen nehmen wir ungerührt zur Kenntnis, dass in der Weite Russlands unlängst ein Frauen-Diskus mal wieder über 70 Meter weit flog. Oder dass der als Ausnahmeathlet gefeierte Usain Bolt soeben von einem Landsmann abgehängt wurde, der in ähnliche Sphären vorstieß.
Dass im besonders verseuchten Profiradsport den siebenmaligen Tour-Champion Armstrong doch noch seine Vergangenheit einzuholen scheint, dürfte viele Leute befriedigen. Nur hätte es die groteske Folge, dass dann Jan Ullrich nachträglich noch den einen oder anderen Tour-Sieg zugesprochen bekäme.
Nebenbei: Jene vier Fahrer, die Armstrong gerade als Kronzeugen bei der US-Antidoping-Agentur ans Messer geliefert haben sollen, fahren in diesen Tagen unbehelligt bei der Tour. Als Saubermänner.