Krefeld. Mikhail Ponomarev beendet sein Engagement beim KFC Uerdingen. Die katastrophale Außendarstellung hat auch er zu verantworten. Ein Kommentar.
"Niemand wird uns stoppen", sagte Mikhail Ponomarev Anfang Februar 2019 öffentlichkeitswirksam, kurz nachdem der KFC Uerdingen Stefan Krämers erste Amtszeit bei den Krefeldern beendet hatte. Zwei Aufstiege in Serie hatten die Uerdinger zuvor geschafft, dank der Millionen des Russen erschien der frühere Bundesligist wieder auf der deutschen Fußball-Landkarte, nach dem Durchmarsch von der Oberliga in die 3. Liga.
Dabei sollte es jedoch nicht bleiben. Ponomarev war fest entschlossen, den Verein mindestens in die 2. Bundesliga zu bringen, das sollte dieses Statement des heute 46-Jährigen vor dem damaligen Auswärtsspiel beim SV Meppen noch einmal unterstreichen. Knapp zwei Jahre später hat Ponomarev jedoch selbst die "Stop"-Taste gedrückt: Sein Engagement in Krefeld endet spätestens nach dieser Saison, womöglich aber schon früher. Gespräche mit offenbar armenischen Geschäftsleuten, die Ponomarevs Anteile am KFC Uerdingen übernehmen wollen, sollen laufen.
KFC Uerdingen hat keine sportliche Heimat
„Ich bin emotional müde geworden in den vergangenen Monaten", erklärte Ponomarev am Sonntag seinen Rückzug. Bei aller Häme, die sowohl dem Verein als auch dem KFC-Präsidenten selbst in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren entgegenschlug, ist die Aussage auch nachvollziehbar. Denn der KFC hat nicht nur seit Jahren um sportliche Siege zu kämpfen, sondern auch um infrastrukturelle. Seit dem Aufstieg in die 3. Liga spielt der Klub seine Heimspiele im Exil, wahlweise in Duisburg oder Düsseldorf. Der Grotenburg-Umbau gleicht bereits einer unendlichen Geschichte, Verein und Stadt Krefeld ziehen - im Gegenteil zu vielen anderen Drittliga-Standorten - nicht an einem Strang. Hinzu kommen finanzielle Unwägbarkeiten durch die Corona-Krise - da kommt es nicht völlig überraschend, wenn Ponomarev jetzt den Absprung sucht.
Klar ist aber auch: Der polarisierende Präsident und Investor hat erheblichen Anteil an der katastrophalen Außendarstellung, die der Verein seit einiger Zeit abgibt. Wutreden, Trainerentlassungen oder verspätete Gehaltszahlungen, die in mehreren Prozessen vor Gericht gipfelten, haben dem KFC den Ruf als Chaosklub beschert.
Der KFC Uerdingen steht nun am Scheideweg. Es bleibt abzuwarten, was neue Investoren mit dem Verein vorhaben. Drei Szenarien scheinen denkbar. Erstens: Ein neuer Boss bringt Struktur rein und schafft es, Vertrauen im Umfeld und auch bei der Stadt aufzubauen. Zweitens: Es geht in ähnlich machtherrischer Art und Weise weiter wie bisher. Drittens: Ohne Ponomarev fehlt dem Verein das Fundament für eine Zukunft - dann könnte es wieder Richtung Oberliga gehen. Eine Chance im Profifußball kann der KFC Uerdingen nur haben, wenn er sich auch neben dem Platz entwickelt. Ponomarev hat dieses Vorhaben erst einmal gestoppt.