Essen. Die Wettshops sind dicht, im Internet kann auf nichts mehr gesetzt werden. Für Buchmacher bricht gerade eine harte Zeit an.

Die Türen sind geschlossen. Bevor das Coronavirus ausbrach, standen an einem Samstagnachmittag vor dem Treppenabsatz Wettspieler und rauchten ihre Nervosität weg. Pralles Leben herrschte drinnen nie, aber es wurde gesetzt, immer mit der Hoffnung im Rücken: Auf Pferde, auf Autos, und ganz besonders auf Fußballmannschaften.

Heute stehen die Stühle auf den Tischen, verkehrtherum. An der Tür hängt ein Schild. Wegen Corona vorübergehend geschlossen. Wettscheine behalten ihre Gültigkeit. Gewinne werden zurückgezahlt, wenn die Geschäfte wieder öffnen dürfen. Ja wenn und wann.

"Die Lage ist dramatisch"

Wie viele andere Unternehmen sind auch die Sportwettanbieter von der Corona-Krise betroffen. „Die Lage ist dramatisch“, sagt Luka Andric, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Sportwettverbandes (DSWV), im Gespräch mit dieser Redaktion. „Unser Geschäftsbereich ist zum Erliegen gekommen. Die Shops sind geschlossen, auch online wird kaum noch gewettet.“

Zum DSWV gehören zum Beispiel „tipico“, „bwin“ und „bet-at-home.com“ oder die deutsche Marke „XTiP“. „Die Lage ist katastrophal“, sagt Nils Rullkötter, Sprecher der Gauselmann-Gruppe, zu der Xtip gehört.

Die Buchmacher haben alle haben ein Problem: Es gibt kaum noch Wettkämpfe und damit kein Geschäftsmodell. In Tadschikistan, Burundi und Weißrussland etwa rollt noch der Ball. Dennoch: „Es gibt nahezu kein Angebot, auf das man online wetten könnte“, Rullkötter. Das schlägt sich finanziell nieder. Zu Geschäftszahlen äußert sich die Gauselmann-Gruppe grundsätzlich nicht, aber:  „Der Rückgang der Umsätze liegt fast bei 100 Prozent, die Kosten laufen weiter.“

Vor der Corona-Krise boomten die Sportwetten. Im Jahr 2019 setzten die Buchmacher laut DSWV rund eine Milliarde Euro um. Etwa 9,3 Milliarden Euro Wetteinsätze wurden getätigt. Ein Jahr zuvor, als die WM in Russland stattfand, waren es rund 7,7 Milliarden Euro.

Hoffen auf Bundesliga-Spiele im Mai

Doch die Zukunft beunruhigt auch Andric: „Es hängt vieles davon ab, ob die noch ausstehenden Spiele in der Bundesliga nachgeholt werden. Sollte dieser Zustand länger anhalten, kann es auch um die Existenz der Unternehmen gehen“, sagt der 38-Jährige aus Berlin. Vor allem Wettshops dürften Probleme bekommen, denn sie müssten derzeit auf sämtliche Einnahmen verzichten. „Immerhin hat der Pay-TV-Anbieter Sky die Abogebühren erlassen. Diese sind für die Shop-Betreiber neben den Mieten und Löhnen die größten Kostentreiber.“

Alternativen gibt es kaum. Während in Großbritannien auch andere Wetten beliebt sind, auf den Namen des royalen Babys oder auf Wahlausgänge, beschränke sich das deutsche Interesse auf den Sport, sagt Andric. „In Deutschland gibt es dafür bislang keinen Markt und das könnte auch nicht die Sportwetten ersetzen. Uns bleibt momentan nur zu warten und zu hoffen, dass Mitte Mai die Bundesliga fortgesetzt werden kann. Das ist der entscheidende Faktor.“

E-Sports ist bislang keine echte Alternative

Auch e-Sports, für manche Bundesliga-Profis derzeit zumindest eine Wettkampf-Alternative, ist keine richtige Option. „Es gibt durchaus die Nachfrage, und auch ein gewisses Angebot, allerdings gibt es noch ungeklärte Rechtsfragen“, erklärt Andric. Es sei noch nicht festgelegt, ob e-Sports ein Sport sei. Er dämpft die Erwartung: „Ohnehin ist die Nachfrage momentan nicht so hoch, dass es eine echte Alternative sein kann. Generell ist beispielsweise ein Fan des FC Bayern nicht plötzlich daran interessiert, auf Counter-Strike-Begegnungen zu tippen.“ Der Fan muss warten, auf die Zeit nach der Corona-Krise, wenn die Stühle in den Wettbüros wieder unter dem Tisch stehen.

Dafür muss auch der Ball in Deutschland wieder rollen. Noch haben die Bundesliga-Klubs keinen Terminplan für den Neustart erarbeitet. Derzeit gilt das Kontaktverbot, lediglich das Training hat in einigen Bundesliga-Klubs wieder begonnen. Sollte es zu Spielen ohnne Zuschauer kommen, wäre das auch für die Buchmacher ein Trost. Rullkötter sagt: „Geisterspiele werden für uns ein erster Schritt in Richtung ,Normalität‘.“