Essen. Michael Jordan, Basketball-Star und globale Werbe-Ikone, erfindet sich gerade neu und zeigt sympathische Seiten. Eine Kolumne.
Wenn Michael Jordan zur Angel greift, gibt er sich nicht mit kleinen Fischen zufrieden. Jüngst nahm er an einem Angelwettbewerb im US-Bundesstaat North Carolina teil und zog einen 200 Kilogramm schweren Blauen Marlin aus dem Atlantik. Der Kampf zwischen Mensch und Speerfisch dauerte nicht annähernd so lange wie der des kubanischen Fischers Santiago in Ernest Hemingways berühmter Novelle. Jordan besiegte den Fisch so schnell wie einst seine Gegner auf dem Spielfeld. Der alte Basketballer und das Meer: Die Geschichte des Angelwettbewerbs ist nur eine von vielen Michael-Jordan-Anekdoten, die derzeit die Runde machen.
Mondpreise für ein löchriges Trikot
Es gibt Berichte über die Auktion eines Paars Schuhe, das er in der Saison 1985 getragen hatte (Erlös: 560.000 Dollar), und über den Verkauf eines Korbs, in dem der heute 57-Jährige 1989 den entscheidenden Wurf in einem Play-off-Spiel versenkte (Erlös: 18.000 Dollar). Auf Ebay werden ausgebleichte, löchrige Trikots mit der Nummer 23, in den 90er-Jahren auf Deutschlands Freiplätzen getragen, zu Mondpreisen angeboten.
Sechs Titel mit den Chicago Bulls
Michael Jordan ist derzeit gefragt wie zu seinen besten Zeiten, denn die vielbeachtete Dokumentation „The Last Dance“ auf der Streamingplattform Netflix handelt von jenen besten Zeiten des Michael Jeffrey Jordan. Von den Jahren zwischen 1984 und 1998, in denen Jordan sich als der beste Spieler herauskristallisierte, der je einen Basketball in die Hände genommen hat. Der Bestmarken pulverisierte, der zwischen 1991 und 1998 sechs NBA-Meisterschaften mit den Chicago Bulls gewann und zu einer globalen Werbe-Ikone aufstieg. Jordan ist seit 17 Jahren im Ruhestand, als Hauptbesitzer des NBA-Klubs Charlotte Hornets und durch seine Partnerschaft mit dem Sportartikel-Giganten Nike fließen noch immer viele Millionen im Jahr aufs Konto. Sein Vermögen wird auf 2,1 Milliarden Dollar geschätzt.
Die Schatten der Lichtgestalt
Michael Jordan wird immer als der beste Basketballspieler gelten, als herzensguter Mensch war er aber nie bekannt, die Schatten der Lichtgestalt wurden nur gerne ignoriert. Jordan war überehrgeizig, er übte Druck auf seine Mitspieler aus, er war spielsüchtig, und seine Begründung, warum er 1990 nicht einen demokratischen Senator in seinem Heimatstaat im Wahlkampf gegen einen rassistischen Republikaner unterstütze, empfahl ihn kaum für den Welt-Sympathiepreis: „Republikaner kaufen auch Schuhe!“ Es hat lange gedauert, bis sich auch Jordan nicht länger unpolitisch zeigte und sein soziales Engagement enorm verstärkte, bis er nicht länger nur gewinnen und Gewinn machen wollte.
Michael Jordan engagiert sich
Zwar unterstützte er stets wohltätige Zwecke, doch so richtig groß wurde Michael Jordans Engagement erst 2016, als er sich erstmals öffentlich gegen Rassismus und Polizeigewalt aussprach. Damals spendete er zwei Millionen Dollar. Doch nun geht eine weitere Nachricht um die Welt: Jordan hat auf den gewaltsamen Tod von George Floyd reagiert, er will den Kampf gegen Rassismus mit 100 Millionen US-Dollar stärken, rund 88 Millionen Euro. Es hat lange gedauert, aber der Größte in der Geschichte des Basketballs zeigt nun endlich auch politisch und sozial wahre Größe. Es könnte also keinen besseren Zeitpunkt geben, das ausgebleichte und löchrige Trikot mit der Nummer 23 aus dem Schrank zu wühlen und wieder überzustreifen.