Bad Ragaz. Mit Sebastian Kehl tritt ein Kapitän ab, der eine erfolgreiche Ära bei Borussia Dortmund geprägt hat. Sein Nachfolger tritt in große Fußstapfen - auch wenn Kehl in seinem Amt nicht immer unumstritten war. Ein Kommentar.
Um die Dimension eines Ereignisses zu erfassen, hilft manchmal der Blick darauf, wie alles angefangen hat: 2002 wechselte Sebastian Kehl vom SC Freiburg zu Borussia Dortmund. Damals stürmten noch Jan Koller und Marcio Amoroso, dahinter zog Tomas Rosicky die Fäden, in der Abwehr agierten Christian Wörns und Jürgen Kohler vor Torhüter Jens Lehmann.
Es folgte die Beinahe-Insolvenz des BVB, es kam der sportliche Absturz - und es kam Trainer Jürgen Klopp, der den damals 28-Jährigen beim Amtsantritt vor sechs Jahren zu seinem Kapitän machte. 2012 durfte der dann erst die Meisterschale und wenig später den DFB-Pokal in die Höhe recken - als erster BVB-Kapitän überhaupt.
Ein Weltmeister als Nachfolger?
Trotz dieses Erfolges: Unumstritten war der Kapitän Kehl nicht immer - auch wegen seines verletzungsanfälligen Körpers. Die Saison 2010/2011, als eine junge Dortmunder Mannschaft unbekümmert zum Titel stürmte, erlebte er größtenteils von der Tribüne, in der Sommerpause wurde vor allem öffentlich lange über seine Rolle diskutiert. Viele Beobachter sahen keinen Platz mehr für den alternden Anführer, erst spät bekannte sich Trainer Klopp öffentlich zu Kehl.
Es spricht für die Professionalität des Mittelfeldspielers, dass in all dieser Zeit kein Wort der Klage von ihm zu hören war. Er gab die Antwort auf dem Platz, kämpfte sich zurück in die Mannschaft, in deren Dienst er sich stets vorbildlich stellte - auch mit seinem Rücktritt, der ihm nun ermöglicht, den Nachfolger gewissermaßen einzuarbeiten.
Wer immer dieser Nachfolger wird: Er wird in große Fußstapfen treten. Kandidaten freilich gibt es, allen voran Torhüter Roman Weidenfeller, bislang erster Stellvertreter, und Abwehrchef Mats Hummels. Es wäre schon überraschend, wenn auf den Vizeweltmeister Kehl kein Weltmeister als BVB-Kapitän folgte.