Dortmund..

Ultra-Gruppen aus ganz Deutschland wollen sich dafür einsetzen, das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in Stadien zu legalisieren. Um mit dem DFB ins Gespräch zu kommen, wenden sich die Anhänger auch an unverbesserliche in den eigenen Reihen.

Eine ganze Tribüne in rotes Feuer gehüllt. Hinter einer Wand aus Qualm und Licht werden Gesänge angestimmt. Ein Stadion tobt. Und alle Jahre wieder tritt auch der Selmer Kinderchor vor winterlichen Heimspielen der Borussia auf. Zu „Jingle Bells“ werden dann auf der Südtribüne tausende Wunderkerzen hochgehalten, geschwungen – und leider auch geworfen.

Südländisches Flair

Bis Mitte der 90er war das ein fast alltägliches Bild auf der Südtribüne des damaligen Westfalenstadions. Was damals noch „südländisches Flair“ oder weihnachtliche Stimmung war, gilt heute als Landfriedensbruch, mindestens aber als Verstoß gegen die Hausordnung und wird mit Stadionverbot geahndet. Deutschlandweit. Pyrotechnik ist stigmatisiert. Zumindest in Deutschland, wobei auch hiesige TV-Kommentatoren gerne mit zweierlei Maß messen. . Brennt in Thessaloniki oder Istanbul - überspitzt gesagt - ein ganzes Stadion, schwärmen Journalisten gerne von südländischer Begeisterung. Leuchten in einem Bundesligastadion einige Bengalos, ist schnell von Chaoten die Rede.

Szenen wie Anfang des Jahres in Bochum, als Fans des 1.FC Nürnberg zündelten und einige ihrer Kollegen verletzten, befeuern Vorbehalte gegen Feuerwerk auf den Rängen. Dennoch haben Ultras aus ganz Deutschland jetzt den Plan gefasst, Pyrotechnik zu legalisieren. An diesem Wochenende, rund um den 15. Spieltag der Bundesliga, wollen rund 50 Gruppen ihr Anliegen öffentlich machen, unter anderem auf der eigens eingerichtetem Homepage www.pyrotechnik-legalisieren.de, die am Samstag, 4. Dezember online gehen soll.

Diskussion anfachen

Dabei geht es den Fans nicht darum, wild in den Stadien zu zündeln. In einer Presseerklärung betonen sie, sie wollten eine Diskussion mit dem DFB anfachen. „Das heißt für uns konkret, dass wir dazu aufrufen, dass weder Böller noch andere Knallkörper in unseren Reihen genutzt werden, Raketen ebenso geächtet werden wie das Werfen von Pyrotechnik“, heißt es in der Erklärung. Pyrotechnik müsse weiterhin maßvoll als Stilmittel eingesetzt werden. Damit sollen Unverbesserliche, die sich einen Spaß daraus machen, Böller im Stadion zu zünden und Bengalos auf den Platz zu werfen, in die Pflicht genommen werden. Gleichzeitig wollen die Fans nicht in Sippenhaft für das Fehlverhalten Einzelner geraten.

Daniel Lörcher von der Dortmunder Ultra-Gruppierung „The Unity“ betont, dass seine Gruppe ohnehin auf Pyro verzichte, ein kontrolliertes Abbrennen aber begrüße. Lörcher: „Es geht hier nicht nur um Pyro. Es geht auch darum, dass in vielen Stadien Fahnen oder Trommeln verboten sind. Das sind Auswüchse.“

Die Südtribüne des alten Westfalenstadions.
Die Südtribüne des alten Westfalenstadions. © Unbekannt | Unbekannt

Zum Verständnis: Heute ist es nicht selbstverständlich, dass Fans ihre Mannschaft bei Auswärtsspielen nach Gusto mit Fahnen oder Trommeln unterstützen dürfen. Vielmehr ist es so, dass der gastgebende Verein die Fanbetreuung des Gastes darüber informiert, welche Fan-Utensilien im Gästeblock erlaubt sind. So kommt es immer wieder vor, dass sich Gästeblöcke gänzlich schmucklos präsentieren, weil den Fans weder Fahnen, noch Doppelhalter oder Trommeln gestattet werden. Der Grund ist oftmals der, dass Fahnen als Sichtschutz beim Zündeln benutzt werden können.

Ermittlungen nach Derbysieg

Wie empfindlich Ordnungskräfte und Polizei beim Thema Pyrotechnik reagieren, machte die Dortmunder Polizei nach dem Derbysieg der Borussen am vierten Spieltag deutlich. Nach dem Sieg feierten hunderte BVB-Fans ausgelassen, aber friedlich mit der Mannschaft. Dabei kam reichlich Pyrotechnik zum Einsatz, alles sehr diszipliniert. Borussen-Trainer Jürgen Klopp war begeistert, viele Spieler sprachen von einem unvergesslichen Erlebnis. Neven Subotic etwa filmte die Szenen mit seinem Handy und veröffentlichte seine Aufnahmen auf Youtube . Wochen nach der Sause am alten Trainingsgelände ermittelte die Polizei gegen BVB-Fans – denn das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ist in Deutschland nur in der Neujahrsnacht gestattet.

Wie es anders geht, zeigt das Beispiel Österreich. In der Alpenrepublik ist das Abbrennen von Pyro zwar ebenfalls verboten, doch können die Städte und Vereine Ausnahmegenehmigungen erteilen. Das Ergebnis in der österreichischen Liga: weniger Gesetzesverstöße, mehr tolle Pyro-Choreografien.