Nils Schumann, 800-Meter-Olympiasieger von Sydney, läuft selbst der nationalen Konkurrenz hinterher.Der 29-Jährige gibt aber nicht auf. Er will seine Karriere fortsetzen und wieder nach oben kommen

Erfurt. Hauptsache, in der Liebe läuft alles rund. Er strich ihr sanft über den Rücken, sie streichelte zart seine Hand. Geteilter Frust nach totaler Pleite. Erst stürmte Korinna Fink im 400-Meter-Finale als Erste auf die Zielgerade und fiel auf Platz sieben zurück, dann trudelte ihr Verlobter Nils Schumann über 800 Meter als Achter über die Linie.


Der Olympiasieger von 2000, der zu seinen besten Zeiten im Endspurt beschleunigen konnte wie kaum ein anderer Mittelstreckler der Welt, lief in einem der schwächsten Teilnehmerfelder selbst der allenfalls mittelmäßigen Konkurrenz hinterher. Ein Trauerspiel. Und das in Erfurt, in seiner Heimat, in der er trotz seiner Metamorphose zum Mitläufer immer noch beklatscht wurde. Eine Geste des Mitleids. Fern von Begeisterung.


Mit 29 Jahren steht Schumann, der für Eintracht Frankfurt startet, vor dem Ende seiner Karriere. Aber Schumann will es (noch) nicht wahrhaben. Er will noch nicht aufgeben, er glaubt immer noch daran, dass er zurück in die Erfolgsspur finden kann. "Das Ergebnis ist für mich ernüchternd", sagte Schumann, "aber das Talent ist nicht weg, es ist nur irgendwo eingeschlossen."


Als 20-Jähriger wurde er 1998 Europameister, zwei Jahre später machte er sich mit dem olympischen Gold endgültig zum Star. Aber seit seiner Bronzemedaille bei der EM 2002 kämpfte Schumann nur noch gegen Verletzungen. Und um seinen Ruf. Als sein Trainer Thomas Springstein wegen des Dopings an Minderjährigen verurteilt wurde und seine damalige Freundin Amewu Mensah positiv getestet wurde, musste sich auch Schumann erklären. Inzwischen ist das Ermittlungsverfahren des Deutschen Leichtathletik-Verbandes eingestellt worden.


In früheren Jahren musste sich Schumann oft anhören, dass er zwar Titel gewonnen habe, aber mit 1:44,16 Minuten nicht den Deutschen Rekord von Willi Wülbeck verbessern konnte. Doch heute ist er Lichtjahre von seiner Bestzeit entfernt. In Erfurt lief er nur knapp unter 1:50 Minuten, seine Saisonbestzeit ist mit 1:47,90 Minuten deutsche Mittelklasse.


Doch Schumann macht weiter. Er redet von Peking, obwohl selbst Erfurt eine Nummer zu groß für ihn war. "Es war naiv zu glauben, dass ich nach meiner langen Verletzungspause sofort wieder vorne mitmischen könnte", gab er zu. Er will weiter rennen, er will sich über möglichst viele Wettkämpfe steigern, um dann vielleicht doch noch einmal da hin zurückzukehren, wo er schon einmal war. Glaubt er wirklich daran? Schumann hat den Realismus noch nicht verloren: "Da ist viel Träumerei dabei."