Rio de Janeiro. Sie haben den vierten Stern! Deutschland ist Fußball-Weltmeister 2014, doch welcher DFB-Kicker hat welchen Anteil am Triumph im Maracana über Argentinien (1:0 nach Verlängerung)? Wir haben allen DFB-Profis ein Abschlusszeugnis ausgestellt.

An Deutschlands Klasse von 2014 dürfte man sich noch lange erinnern.

An dieser Stelle veröffentlichen wir das streng vertrauliche Abschlusszeugnis der Absolventen, die mit nur einem Ziel auf Klassenfahrt nach Brasilien gingen: die Fußballwelt zu verändern.

Das Abschlusszeugnis für Deutschlands 23 Weltmeister. Von Klassensprechern, Strebern und Klassenclowns

Die Klasse von 2014 in der WM-Einzelkritik

Manuel Neuer (28 Jahre/7 WM-Einsätze/0 Tore): Unüberwindbarer Einser-Streber. Am Ende des Turniers gingen ganz einfach die Superlative für den besten Torhüter der Welt aus. Note: 1 mit Sternchen.

Roman Weidenfeller (33/0/0): Hatte Fürsorgepflicht als zweitältester der Klasse: Wasserflaschen reichen, aufmunternde Po-Klapse verteilen, den Gegner mit böse Blicken einschüchtern. Seine Nominierung hat sich trotz null Minuten auf dem Feld gelohnt. Note: 2.

Ron-Robert Zieler (25/0/0): Der Hannoveraner darf seinen Enkelkindern später zweierlei erzählen: Er war wohl irgendwie dabei, als Deutschland in Brasilien Weltmeister wurde. Und er hat sechs Wochen lang den Unterricht mit Manuel Neuer, dem Star der Schule, genießen dürfen. Note: 3.

Philipp Lahm (30/7/0): Der Klassensprecher wollte gern Mittelfeldspieler sein und stand im Zentrum der hitzigsten Debatten. Musste dann einsehen, dass er rechts in der Viererkette noch wertvoller für das Team ist. Hat eine goldene Ära des deutschen Fußballs geprägt und sich nach einem überragenden Finale ein Philipp-Lahm-Denkmal in München Gern verdient. Note: 2.

Jerome Boateng (25/6/0): Nicht immer schienen Fuß, Bein und Kopf einer Meinung über die nächste Bewegung zu sein. Doch am Ende reichte es doch immer aus, um die besten Fußballer der Welt der Reihe nach zur Verzweiflung zu bringen. Wenn er weiterhin rechts in der Abwehr genauso weltmeisterlich überzeugen kann wie im Abwehrzentrum, dann braucht sich der einstige Hamburger nun wirklich nicht wundern, wenn er auch in der Zukunft mal hier und mal dort spielen wird. Note: 2.

Per Mertesacker (29/6/0): MC Mertesacker hat die deutsche Musikbranche um einen Hit bereichert: Eis, Eis, Tonne. Rhetorisch weltmeisterlich, auf dem Platz am Ende ersetzbar. Zeigte aber Größe, als er ab dem Viertelfinale die Rolle des Wasserträgers und Chefantreibers von der Bank aus formidabel gab. Note: 2.

Mats Hummels (25/6/2): Nach dieser herausragenden WM dürfte der Dortmunder Mädchenschwarm auch Soja Latte zum neuen Nationalgetränk der Deutschen erklären und man würde es nicht wagen, zu widersprechen. Nur ausgerechnet im Finale vermasselte er sich die eigentlich verdiente 1. Deswegen: Note: 2.

Benedikt Höwedes (26/7/0): Der Sticker-Anbieter Panini hatte vor der WM vom Schalker Innenverteidiger keine Aufkleber angefertigt und musste ihn später im sogenannten „Ergänzungspäckchen“ anbieten. Es stellte sich heraus, dass Italiener aktuell wenig von Fußball verstehen. Mauerte die für ihn ungewohnte linke Abwehrseite zu und spukte bei Standards im gegnerischen Klassenraum herum. Ist dem „Ergänzungspäckchen“ entwachsen. Note: 2.

Kevin Großkreutz (25/0/0): Einen ähnlichen Pipi-Unfall wie nach dem Pokalfinale konnte der Dortmunder Klassenclown im Anschluss an das Endspiel in der Lobby des Nationalmannschaftshotels verhindern. Im Gegenteil zu seiner Degradierung zum Null-Minuten-WM-Touristen. Note: 4.

Shkodran Mustafi (22/3/0): Direkt vor der WM konnte es der frühere HSV-Nachwuchsspieler gar nicht glauben, dass er tatsächlich für den verletzten Marco Reus zur WM mit durfte. Und nach einem suboptimalen Turnier versteht man auch, warum es der Schulanfänger nicht glauben konnte. Note: 4.

Erik Durm (22/0/0): Der Dortmunder Jungspund durfte mitfahren, was schon jenseits seiner Vorstellungskraft lag. Blieb Hinterbänkler, kann aber auf einen sympathischen Auftritt in der Pressekonferenz verweisen und sich mit Recht Weltmeister nennen. Note: 3.

Matthias Ginter (20/0/0): Besaß das finsterste und zugleich milchbudenhafteste Gesicht der WM. Man hätte es gern mal auf dem Feld gesehen. Der Freiburger durfte aber noch nicht mitmischen. Das dürfte sich im nächsten Schuljahr ändern. Note: 3.

Sami Khedira (27/5/1): Der Mittelfeldprimus hat bis zum Finale sämtliche Regeln der seriösen Medizin auf den Kopf gestellt. Kehrte fast acht Monate nach dem Riss seines Kreuz- und Innenbandes so stark auf den Rasen zurück, dass nur übernatürliche Kräfte eine Erklärung sein könnten. Setzte sich selbst nach einer grandiosen WM 2010 mit der WM 2014 ein monumentales Fußball-Denkmal – auch wenn er ausgerechnet im Finale passen musste. Note: 1.

Bastian Schweinsteiger (29/6/0): Man hatte ihn schon die Versetzung verweigern wollen, und er reagierte darauf mit Mundfaulheit. Zeigte mit fortschreitendem Turnierverlauf aber seine strategischen Fähigkeiten und dirigierte seine Klasse mit der Erhabenheit eines Maestros zum Titel. Vom in Brasilien beliebtesten Deutschen wird man irgendwann sagen, er sei einer der komplettesten deutschen Mittelfeldspieler aller Zeiten gewesen. Note: 1.

Mesut Özil (25/7/1): Die schlechte Nachricht: Unter ganz vielen Gewinnern war der Londoner einer von wenigen Verlierern. Wirklich mies spielte er nicht, aber von einem Einserschüler wie ihm erwartet man einfach mehr. Die gute Nachricht: Damit ist klar, dass die beste Deutsche Mannschaft aller Zeiten sogar noch Entwicklungspotenzial noch oben hat. Note: 3. 

Lukas Podolski (29/2/0): Man könnte jetzt anfangen, über das Sorgenkind der Klasse zu maulen. Man könnte seine Leistung bemäkeln, sein antiquiertes Spielverständnis und seine fehlende Flexibilität. Oder man lässt es einfach und gratuliert einem der letzten Vertreter der Generation Sommermärchen zum Weltmeistertitel. In diesem Sinne: Glückwunsch, Poldi! Note: 4.

Christoph Kramer (23/3/0): Konnte sein Glück kaum fassen, zunächst überhaupt in die WM-Klasse versetzt zu werden – und dann auch noch beim Finale spielen zu dürfen. Fast wäre er ein tragischer Überraschungsheld geworden. Note: 2.

André Schürrle (23/6/3): Spezialkraft und Finaltor-Vorbereiter. Sauste durch des Gegners Abwehrreihen, wenn Oberlehrer Löw ihn ließ. Erzielte drei Treffer nach Einwechslungen und ist damit der Joker-König der WM. In ewiger Erinnerung bleibt aber seine Vorlage zu Götzes Finaltor. Note: 2.

Julian Draxler (20/1/0): 13 Minuten lang war der Schalker beim historischen 7:1-Halbfinalsieg gegen Brasilien auf dem Platz dabei. Der Mittelfeldspieler konnte kein Tor vorbereiten oder erzielen, aber an diese 13 Minuten wird er sich wohl trotzdem noch sein Leben lang erinnern. Dem zweitjüngsten Nationalspieler gehört die Zukunft, die Gegenwart durfte er von den hinteren Plätzen aus in Ruhe genießen. Note: 3.

Mario Götze (22/6/2): Rahn, Müller, Brehme, Götze. Mit dieser Chronologie der Großen wird sich der nicht immer glückliche WM-Schüler schnell arrangieren können. Note: 2.

Toni Kroos (24/7/2): Herausragend! Wenn man sein Spiel einrahmen könnte, dann müsste man dieses Fußball-Gemälde im Louvre ausstellen. Kroos ist Deutschlands bester Mittelfeldantreiber seit Lothar Matthäus 1990. Man muss Bayerns Verantwortliche wohl noch mal höflich fragen, ob sie noch bei Trost sein können, diesen Sensationskicker ziehen zu lassen. Note: 1.

Thomas Müller (24/7/5): Hat seinem Namen wieder einmal alle Ehre gemacht und neue Berufsbezeichnungen geprägt: Überrascher, Raumdeutet und Medienhengst. Ständig auf Sendung war „Radio Müller“, wie ihn sein Entdecker Hermann Gerland in München nennt, der Streber in der WM-Klasse, den trotzdem alle lieben – die personifizierte Genialität und Normalität zugleich. In dieser Form eine Gefahr für jegliche Schulrekorde auf diesem Planeten. Note: 1 mit Sternchen.

Miroslav Klose (36/5/2): Kann irgendjemand ernsthaft und plausibel erklären, warum der Klassenälteste nicht auch noch 2018 in Russland und 2022 in Katar Deutschlands Tore schießen soll? Eben! Mit ziemlich großer Sicherheit wird der dann 44 Jahre alte Klose auch in acht Jahren wie ein junges Rehkitz über den Fußballplatz hoppeln, ab und an ein Tor von historischer Bedeutung schießen und dieses dann per Salto zelebrieren. Lange Rede, kurzer Sinn: Er ist ganz einfach der Beste. Note: 1.