Essen. Der renommierte Doping-Experte Fritz Sörgel spricht über die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa und das Medikament Trimetazidin.
Er hat sich schon mit vielen Dopingfällen befasst – doch für Fritz Sörgel (72), Professor für Pharmakologie und renommierter Doping-Experte, ist der Fall um die 15-jährige Eiskunstläuferin Kamila Walijewa aus Russland „der spektakulärste Dopingfall in den vergangenen Jahren“.
Bei der in Waljewas Blut nachgewiesenen Substanz handelt es sich um das Medikament Trimetazidin, das überwiegend bei Herzkrankheiten angewendet und in einigen Ländern auch bei Tinnitus und Schwindel verschrieben wird. Der Stoff wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als der chinesische Schwimmstar Sun Yang damit im Jahr 2014 auffiel. In der Sportszene ist das Medikament unter der Abkürzung TMZ bekannt.
Legales Mittel, aber...
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„Grundsätzlich ist es ein legales Mittel, das es zwar nicht auf dem deutschen Markt gibt, man kann es in einer internationalen Apotheke allerdings besorgen“, erklärt Sörgel. Aber: „Die Wirksamkeit bei einer Angina Pectoris (Brustenge/Herzenge) ist allerdings nicht vernünftig belegt. Außerdem kann ein 15-jähriges Mädchen eigentlich noch keine Angina Pectoris haben“, meint Sörgel. Zudem sei der Effekt fraglich: „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das Mittel eine direkte Leistungssteigerung bewirkt.“
Dennoch steht das Mittel auf der Dopingliste, weil es eine bessere Versorgung des Herzens mit Sauerstoff verspricht. Sörgel: „Damit stellt es eine Verlockung für die Doper und ihre Dopingärzte dar. Eine Erhöhung der Durchblutung klingt für Sportler immer gut, wie mehr Sauerstoff ins Geweben durch EPO.“
Dass ein Sportler mit leistungssteigernden Substanzen einen Vorteil anstrebt, ist für Sörgel nicht überraschend. Doch gerade weil Kamila Walijewa noch so jung ist, ist dieser Fall auch für einen Experten wie Fritz Sörgel verstörend. „Es ist natürlich ein menschenverachtendes Vorgehen, einem so jungen Menschen so ein Mittel zu geben und an ihm herumzuexperimentieren, um zu sehen, ob es die Leistung steigert“, meint Sörgel. Der Mediziner ist sich ohnehin sicher: „Sie wird das Mittel sicher nicht erst mit 15 Jahren bekommen haben, sondern schon vorher. Und zu Russland muss man eigentlich keinen Kommentar mehr abgeben, dieser neue Fall überrascht nicht.“